Bundestag beriet Anträge zur Lage in einer Krisenregion
„Eine Region voller Krisen und Konflikte“ – so beschrieb der SPD-Abgeordnete Markus Meckel im Bundestag die Region des Südkaukasus, zu der die ehemaligen Sowjetrepubliken Georgen, Aserbaidschan und Armenien gezählt werden. Eskaliert war die Situation im vergangenen August durch den Krieg zwischen Russland und Georgien um die abtrünnige georgische Teilrepublik Südossetien. Zur Befriedung des Südkaukasus haben CDU/CSU und SPD und Bündnis 90/Die Grünen Anträge vorgelegt, die der Bundestag am 6. März in erster Lesung beraten hat.
Die Koalition fordert die Bundesregierung auf, in der Region aktiv
zu bleiben, weil sie für Europa die Verbindung zu Zentral- und
Südwestasien darstelle (
16/12102). Bündnis 90/Die Grünen
lehnen eine NATO-Mitgliedschaft Georgiens in naher Zukunft ab. Sie
betrachten die Konflikte als Stellvertreterkonflikte der
Großmächte USA und Russland (
16/12110).
„Die Nachkriegssituation in Georgien ist nicht beruhigend“, sagte Markus Meckel in der Debatte. Er und andere Redner riefen Russland zu einer konstruktiven Zusammenarbeit auf. Russland müsse prüfen, ob sein Verhalten im Kaukasus dem eigenen Vorschlag einer europäischen Sicherheitsstrategie nützlich ist.
Der Konflikt um das von Armenien besetzte Gebiet Berg-Karabach,
einer armenisch besiedelten Enklave in Aserbaidschan, ist nach den
Worten Meckels „nicht eingefroren“. Fast
wöchentlich komme es dort zu Zwischenfällen. Meckel hofft
im Übrigen auf eine weitere Annäherung zwischen der
Türkei und Armenien, die bis zu diplomatischen Beziehungen und
einer Grenzöffnung führt.
Michael Link (FDP) sagte, eine Lösung der Konflikte sei durch die „unnötige“ völkerrechtliche Anerkennung der abtrünnigen georgischen Teilrepubliken Abchasien und Südossetien durch Russland erschwert worden. Diese Entscheidung sei „wenig professionell“ und sehr unbedacht gewesen, auch im Hinblick auf die eigene Situation Russlands im Nordkaukasus.
Sowohl Georgien als auch Aserbaidschan müssten sich
gegenüber ihren abtrünnigen Territorien
„attraktiv“ verhalten, damit wieder Vertrauen für
eine Zusammenarbeit entstehen könne.
Eduard Lintner (CDU/CSU) sprach von „höchst gefährlichen“ Konflikten für den Frieden in diesem Teil der Welt. Armenien halte 20 Prozent des Territoriums Aserbaidschans besetzt. Überall, wo das Völkerrechtsprinzip der Unverletzlichkeit der Grenzen verletzt werde, wachse das Streben nach Rache und Vergeltung. Die Regierungen im Südkaukasus könnten für ihre Völker ein „goldenes Zeitalter“ schaffen, wenn sie dazu bereit wären, sagte Lintner.
Russland sollte sich nach Ansicht des Unionsabgeordneten im eigenen
Interesse an der Lösung beteiligen, anstatt sie zu
torpedieren. Von guten Beziehungen zu den Nachbarn profitierten
beide Seiten.
Für die Linksfraktion wies Prof. Dr. Hakki Keskin darauf hin, dass Georgien vor allem von den USA massiv aufgerüstet worden und mit einer NATO-Beitrittsperspektive versehen worden sei, um die Einkreisung Russlands fortzusetzen. Selbst in den USA werde nun möglicherweise umgedacht.
Rainder Steenblick (Bündnis 90/Die Grünen) sieht Russland
in einer Schlüsselrolle. Eine Integration Russlands in eine
Konfliktstrategie sei daher notwendig. Die Staaten im
Südkaukasus müssten ein gleichberechtigter
Verhandlungspartner der Europäischen Union sein.