Berichterstattergespräch des Innenausschusses zur Volkszählung
Der von Kirchenvertretern geforderten Erhebung der Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft im Rahmen der für 2011 geplanten Volkszählung (Zensus) stehen Datenschützer ebenso wie Wissenschaftler ablehnend gegenüber. Das wurde bei einem öffentlich erweiterten Berichterstattergespräches im Innenausschuss am Montag, dem 20. April 2009, deutlich. Der dabei diskutierte Gesetzentwurf der Bundesregierung „zur Anordnung des Zensus 2011“ sieht ein solches Erhebungsmerkmal nicht vor, da dies auch in der EU-Zensusverordnung nicht vorgegeben sei, die laut Bundesregierung „eins zu eins“ umgesetzt werden solle.
Mit Blick auf den Gesetzentwurf (
16/12219) forderte Detlef
Rückert von der Evangelischen Kirche in Deutschland,
dass bei Haushaltsbefragungen auf jeden Fall die Zugehörigkeit
zu einer Religionsgemeinschaft vorgesehen werden sollte. Damit
wäre gewährleistet, dass auch die Kirchen eine
zuverlässige, mit der Volkszählung aus dem Jahre 1987
vergleichbare statistische Datengrundlage unter voller Wahrung des
Datenschutzes erhielten.
Die Beweggründe, die 1987 für das Religionsmerkmal gesprochen haben, hätten sich nicht verändert, so Rückert. Karsten Neumann, Landesbeauftragter für den Datenschutz Mecklenburg-Vorpommern, lehnte hingegen die auch vom Bundesrat geforderte Erhebung der Religionszugehörigkeit als „aus verfassungsrechtlichen Gründen unzulässig“ ab.
Verfassungsrechtliche Probleme könne er zwar nicht erkennen,
sagte Peter Schaar, Bundesbeauftragter für
den Datenschutz und die Informationsfreiheit, doch sehe auch er
keine Notwendigkeit, die Erhebungsmerkmale auszuweiten. Dagegen
lägen „gute fachliche Gründe“ vor
Prof. Dr. Gert G. Wagner, Vorsitzender der Zensuskommission, bezeichnete die Aufnahme des Religionsmerkmals als „nicht nötig“. Zudem sei es auch in der Praxis schwierig zu begrenzen, welche Religionsgemeinschaft auf dem Fragebogen erscheinen dürfe. Aus Sicht der Zensuskommission sei es sinnvoller, Fragen nach dem Migrationshintergrund und den im Haushalt gesprochenen Sprachen zu stellen.
Dr. Sabine Bechtold vom Statistischen Bundesamt
verwies darauf, dass mit dem Gesetz die rechtlichen Voraussetzungen
für den registergestützten Zensus geschaffen würden.
Die benötigten Daten würden im Wesentlichen im Wege der
Auswertung der Melderegister und anderer Verwaltungsregister
erhoben, was eine Entlastung der Bevölkerung mit sich bringe.
Für die ergänzenden Haushaltsbefragungen solle, wie von
den Ländern gefordert, der Stichprobenumfang von acht Prozent
der Bevölkerung auf zehn Prozent erhöht werden, sagte
Bechtold.
„Zentralen Änderungsbedarf“ in dem Gesetzentwurf sieht Jörg Berres, Präsident des Statistischen Landesamtes Rheinland-Pfalz. Der registergestützte Zensus mit einem Kostenvolumen von derzeit etwa 750 Millionen Euro sei ein Großprojekt, dass nur „gemeinsam“ und im „Konsens von Bund, Ländern und Gemeinden“ erfolgreich und fristgerecht umgesetzt werden könne.
Derzeit sei das Projekt auf einen „aus fachlich-methodischer
und auch aus verfahrenstechnischer Sicht auf einem sehr kritischen
Weg“, sagte Berres. Zudem sei „erheblicher zeitlicher
Druck“ entstanden. Seiner Ansicht nach ist es in vielen
Ländern nicht möglich, bis Ende des Jahres die
nötigen Ausführungsgesetze fertig zu stellen. Zudem sei
für die Länder, die die finanzielle Hauptlast zu tragen
hätten, angesichts der geplanten Regelungen der Nutzwert des
Zensus in Frage gestellt.
Auch Prof. Dr. Jan Ziekow von der Deutschen Hochschule für Verwaltungswissenschaften sieht Änderungsbedarf, um nicht einzelne Länder wie etwa Rheinland-Pfalz wegen deren spezifischer Verwaltungsstruktur hinsichtlich der Aussagekraft der Daten zu benachteiligen.