Kritisches Echo auf das Anlegerentschädigungsgesetz im Finanzausschuss
Unterschiedlich bewerten Experten das Vorhaben der Bundesregierung, den Anlegerschutz durch eine Erhöhung der Mindestdeckung für Einlagen zum 30. Juni 2009 von 20.000 auf 50.000 Euro zu erhöhen. Eine weitere Erhöhung auf 100.000 Euro soll ab dem 31. Dezember 2010 erfolgen. Damit gebe es eine "effiziente Umsetzung" der EU-Richtlinie zum Anlegerschutz, erklärte der Zentrale Kreditausschuss der deutschen Banken in einer Anhörung des Finanzausschusses am Mittwoch, 22. April 2009.
Gegenstand der Anhörung war ein Gesetzentwurf der
Bundesregierung zur Änderung des Einlagensicherungs- und
Anlegerentschädigungsgesetzes (
16/12255,
16/12599). Außerdem ging es um die von
der FDP-Fraktion in einem Antrag (
16/11458) geforderte grundsätzliche Reform
der Anlegerentschädigung in Deutschland.
Prof. Dr. Wolfgang Gerke vom Bayerischen Finanzzentrum erklärte, bei dem Gesetzentwurf handele es sich um die im Moment genau richtige Maßnahme. Er begrüßte, dass jetzt mehr Wert auf die Früherkennung von Risiken gelegt werde. Einlagensicherung und Anlegerentschädigung hätten einen hohen Stellenwert bei den Bürgern.
Dank der frühzeitigen Garantien der Bundesregierung seien
Panikreaktionen der Sparer ausgeblieben. "Die Bundesregierung hat
damit erfolgreich einen realen Stresstest der deutschen
Einlagensicherungssysteme der Kreditwirtschaft verhindert", so
Gerke in seiner schriftlichen Stellungnahme.
Auf Nachfragen ergänzte der Experte, dass er sich in Boom-Phasen ein anderes Gesetz gewünscht hätte. So wie der Entwurf jetzt sei, werde das Einlagensicherungssystem im Krisenfall überfordert sein. Auch von der Bundesanstalt Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hieß es, man könne sich eine andere Entschädigungseinrichtung vorstellen.
Der Verband unabhängiger Vermögensverwalter Deutschland
begegnete dem Gesetzentwurf mit "großer Skepsis".
Strukturelle Defizite beim System der
Entschädigungseinrichtungen seien nicht beseitigt worden,
sagte Verbandsvertreter Klaus Köhler mit
Blick auf den Entschädigungsfall "Phoenix Kapitaldienst".
Dadurch muss die Entschädigungseinrichtung deutscher Wertapapierhandelsunternehmen (EdW) hohe Entschädigungszahlungen an Anleger leisten. Um das finanzielle Fundament der EdW zu halten, soll die Zahl der EdW-Mitglieder durch den Gesetzentwurf stabilisiert werden. Damit soll der Entschädigungseinrichtung genug Geld zufließen.
Köhler zeigte sich überzeugt, dass es gelingen werde,
dieses Gesetz durch Klagen zu kippen. Die Neuregelung führe
nicht zu funktionierenden Entschädigungseinrichtungen. "Dem
Einleger wird Scheinsicherheit simuliert", sagte Köhler, der
von einem "rundum misslungenen Gesetzentwurf" sprach. Auch der
Bundesverband Finanzdienstleistung rechnet mit Klagen, falls das
Gesetz so beschlossen werden sollte.
Genauso äußerte sich der Bundesverband der Wertpapierfirmen an den deutschen Börsen. Die EdW bleibe auch in Zukunft "finanziell eklatant nicht tragfähig". Die EdW habe im letzten Jahr ein Beitragsaufkommen von drei Millionen Euro gehabt, müsse aber in den kommenden Jahren jährlich 27 Millionen Euro aufbringen. "Ein solches Vorhaben ist ökonomisch völlig unrealistisch", heißt es in der schriftlichen Stellungnahme.
Auch der Bundesrat habe darauf hingewiesen, dass die Zahl der
EdW-Mitglieder viel zu gering sei. Dem widersprach Rechtsanwalt
Reinfried Fischer (Kanzlei WilmerHale). Das
deutsche Einlagensicherungssystem habe sich im Grundsatz
bewährt. Der noch ungelöste Fall "Phoenix" beruhe
einerseits auf Betrug und andererseits auf einem erheblichen
Aufsichtsversagen. "Diese Sondersituation ergibt daher keinen
Anlass, dass deutsche System der Einlagensicherheit infrage zu
stellen."
Fischer bestritt in seiner schriftlichen Stellungnahme, dass die Zahl der der EdW zugeordneten Institute zu gering sei. Mit über 700 zugeordneten Instituten gehöre die EdW zu den mitgliederstarken Entschädigungseinrichtungen.
Prof. Dr. Jochen Bigus (Universität Bern) schlug eine
verpflichtende Vertrauensschadenversicherung vor, um
Vermögensschäden, die durch unerlaubte Handlungen der
Geschäftsleiter vorsätzlich verursacht werden, zu
versichern.