Sachverständige bewerteten Situation von Minderheiten im Irak und Iran
Auf die vielfältige Unterdrückung ethnischer, religiöser und sexueller Minderheiten im Iran und im Irak von Benachteiligungen im Berufsleben und Bildungswesen über Friedhofsschändungen, Plünderungen und Raubüberfälle bis hin zu willkürlichen Verhaftungen und drakonischen Haftstrafen haben am Mittwoch, 22. April 2009, die Sachverständigen bei einer Anhörung des Menschenrechtsausschusses aufmerksam.
Prof. Dr. Udo Steinbach wies auf die Unterschiede zwischen beiden
Ländern hin. So gebe es im Irak kein staatlich organisiertes
Vorgehen gegen Minderheiten. Deren Probleme resultierten vielmehr
„aus der Schwäche der Zentralregierung“.
Im Iran hingegen, erläuterte der Nahostexperte, seien Minderheiten Opfer einer von der Staatsspitze systematisch betriebenen Politik. So werde zwar in der irakischen Gesellschaft Homosexualität weithin als „widernatürlich“ abgelehnt, doch sei keine staatliche Verfolgung dieses Personenkreises zu beobachten. Im Iran indes werde Homosexualität offiziell bekämpft, es komme auch zu Verurteilungen.
Wie andere Sachverständige sagte Katajun Amirpur, dass sich im
Iran seit dem Amtsantritt von Präsident Ahmadinedschad die
Lage von Minderheiten massiv verschlimmert habe. Die Bahaís
und die Sufis seien die am stärksten gefährdeten
religiösen Gruppen, weil sie als tolerante moslemische
Glaubensgemeinschaften den Alleinvertretungsanspruch der
radikal-islamischen Linie infrage stellten.
In einer schriftlichen Stellungnahme führt die Publizistin und Islamwissenschaftlerin aus, dass die Bahaís, mit 350.000 Angehörigen die größte religiöse Minderheit, von willkürlichen Verhaftungen, Schändungen von Grabstätten, Exmatrikulationen an Hochschulen, Durchsuchungen, Drangsalierungen von Schulkindern oder durch die Aberkennung von Geschäftslizenzen betroffen seien.
Prof. Dr. Ingo Hofmann erklärte, sieben Spitzenvertretern der
Bahaís drohe die Todesstrafe, weil sie angeblich für
Israel spioniert haben sollen. Der Sprecher der deutschen
Bahaí-Gemeinde bezeichnete die Mitglieder dieser
Glaubensgemeinschaft als „Parias der iranischen
Gesellschaft“.
Ruth Jüttner betonte, dass sich im Iran auch die Situation ethnischer Minderheiten wie etwa der Kurden, der Turkmenen, der Belutschen oder der Aseris, die in ihrer Gesamtheit fast die Hälfte der Bevölkerung stellten, „signifikant verschlechtert“ habe.
Beispielsweise bekämen wegen ideologischer
Überprüfungen bei Behörden oder in halbstaatlichen
Unternehmen Angehörige dieser Gruppen dort oft keine Arbeit,
kritisierte die Vertreterin von Amnesty International.
Bürgerrechtler seien häufig Repressalien und bewusst
vagen Anklagen vor Gericht ausgesetzt.
Solche Aktivisten oder auch Journalisten würden zudem unter dem Vorwand, sie unterstützten angeblich bewaffneten Widerstand aus den Reihen ethnischer Minderheiten, mit fragwürdigen Prozessen überzogen.
Eva Savelsberg vom Europäischen Zentrum für Kurdische
Studien erläuterte, dass im Irak Christen und Jesiden im
Prinzip nur außerhalb der autonomen Kurdenregion von
Benachteiligungen und Übergriffen betroffen seien. Die
kurdische Verwaltung versuche jedoch, die Flucht von Jesiden in
ihren Bereich durch administrative Hürden zu behindern.
Professor Steinbach sagte, im Irak seien auch Christen und Jesiden keiner staatlichen Verfolgung ausgesetzt. Vor Angriffen durch andere gesellschaftliche Gruppen seien die Jesiden immerhin in ihren eigenen Siedlungsgebieten „relativ sicher“. Für den Nahostexperten kann die Ansiedlung von Christen im kurdischen Norden nur eine Zwischenlösung sein.
Tilmann Zülch von der Gesellschaft für bedrohte
Völker meinte, die Mehrheit der Christen strebe „nach
Westen“: Sie hätten den Mut verloren und Angst,
„dass ihr Leiden im Irak weitergeht“.
Liste der geladenen Sachverständigen