Die Sitzungswoche im Überblick
An den 60. Jahrestag der Verabschiedung des Grundgesetzes am 23. Mai 1949 erinnerte der Bundestag mit einer dreistündigen Debatte am Donnerstag, dem 14. Mai 2009. Bereits am Mittwoch, 13. Mai, befasste sich das Parlament auf Antrag der Grünen mit dem "Kompetenzstreit der Bundesregierung bei der Sicherung des Schiffsverkehrs vor Somalia". Anschließend wurde eine neue Regelung zu Spätabtreibungen verabschiedet und über die Verlängerung des KFOR-Mandats der Bundeswehr im Kosovo diskutiert. Am Donnerstag erörterte das Parlament FDP-Vorschläge zur Ankurbelung der Konjunktur und Anträge zur Elektromobilität. Beschlossen wurden Änderungen des Conterganstiftungsgesetzes und ein neues Zugewinnausgleichs- und Vormundschaftsrecht. Am Freitag, 15. Mai, findet keine Sitzung statt.
Nächste Live-Übertragung: Mittwoch, 27. Mai, 13 Uhr
Da die Web-TV-Übertragung während der Debatte über das Schwangerschaftskonfliktgesetz am 13. Mai gestört war, werden die Audio-Dateien im mp3-Format an dieser Stelle bereitgestellt.
Der Sitzungstag beginnt am 14. Mai 2009 um 9 Uhr mit einer dreistündigen Vereinbarten Debatte zum Thema "60 Jahre Grundgesetz".
Das Grundgesetz wurde am 8. Mai 1949 im Parlamentarischen Rat mit
53 gegen zwölf Stimmen angenommen und trat am 23. Mai 1949 in
Kraft. Damit waren die verfassungsrechtlichen Grundlagen für
die Bundesrepublik Deutschland gelegt. 41 Jahre später, am 3.
Oktober 1990, trat die DDR dem Geltungsbereich des Grundgesetzes
bei.
Um 12.15 Uhr berät der Bundestag einen Antrag der FDP-Fraktion, in dem diese ein Wachstumsprogramm vorstellt, mit dem die derzeitige Rezession überwunden werden soll.
Darin werden strukturelle Maßnahmen wie eine grundlegende
Steuerreform gefordert, um den konjunkturellen Abschwung
aufzuhalten. Zentrales Ziel ist die Sicherung und Schaffung von
Arbeitsplätzen (
16/12887). Ob der Antrag zur weiteren Beratung
federführend an den Wirtschafts- oder Finanzausschuss
überwiesen wird, ist noch strittig. Für die Aussprache
sind 75 Minuten vorgesehen.
Im Anschluss stimmt der Bundestag nach halbstündiger Aussprache über vier Anträge zur Förderung von Elektromobilität ab. CDU/CSU und SPD fordern in ihrem Antrag die Bundesregierung auf, den Nationalen Entwicklungsplan Elektromobilität zügig fertigzustellen ( 16/12693).
Dieser geht nach Meinung der FDP-Fraktion jedoch nicht weit genug.
Sie will die Entwicklung von Elektro-Fahrzeugen umfassend
fördern (
16/10877). Auch sollen Elektrofahrzeuge durch
einen besseren Emissionsschutz attraktiver werden. Wie die
FDP-Fraktion fordern auch die Grünen (
16/11915) eine stärkere Förderung der
Elektromobilität. Ziel sei es, bis zum Jahr 2020 mindestens
zwei Millionen Elektroautos auf deutschen Straßen zuzulassen.
Deshalb solle vor allem der Kauf von Hybridfahrzeugen,
Elektrofahrzeugen und Elektrorollern von 2010 an gefördert
werden.
Die Koalitionsfraktionen wollen die Entschädigung contergangeschädigter Menschen auf eine zukunftsfähige Basis stellen und haben zu diesem Zweck eine Änderung des Conterganstiftungsgesetzes ( 16/12413) vorgelegt.
Der Gesetzentwurf sieht unter anderem vor, dass der
Arzneimittelhersteller Grünenthal, der das Medikament vor 50
Jahren auf den Markt gebracht hatte, 50 Millionen Euro in die
Conterganstiftung einbringt und zusätzlich weitere Mittel in
gleicher Höhe aus dem Kapitalstock der Stiftung an die
Betroffenen ausgezahlt werden. Das bedeutet, dass zusätzlich
zu den jetzigen Leistungen insgesamt 100 Millionen Euro als
jährliche Sonderzahlungen ausgeschüttet werden.
Ferner wird über einen Antrag der Linksfraktion beraten, in
dem diese die Bundesregierung auffordert, schnellstmöglich
einen Gesetzentwurf zur Änderung des
Conterganstiftungsgesetzes vorzulegen. Der Antrag sieht unter
anderem vor, die von der Firma Grünenthal zur Verfügung
gestellten 50 Millionen Euro als Einmalzahlung an die
Contergan-Betroffenen auszuzahlen und die monatlichen
Entschädigungsleistungen rückwirkend zum 1. Januar 2009
um 50 Prozent zu erhöhen (
16/11639).
Anschließend debattiert der Bundestag über eine Große Anfrage der Linksfraktion zu den Ursachen und Folgen von Armut bei Kindern und Jugendlichen ( 16/7582). Außerdem stehen drei Anträge zum Thema Kinderarmut zur Abstimmung.
In ihrem Antrag fordert die FDP-Fraktion die Bundesregierung auf,
ein Gesamtkonzept vorzulegen, wie der Kinderarmut gemeinsam mit den
Bundesländern und den Kommunen entgegengewirkt werden kann (
16/9433). Ein Antrag der Grünen-Fraktion
sieht unter anderem vor, einen allgemeinen Rechtsanspruch auf
Tagesbetreuung für Kinder vom vollendeten ersten bis zum
dritten Lebensjahr zum 1. Oktober 2011 gesetzlich zu verankern (
16/9028). In einem zweiten Antrag verlangt die
Grünen-Fraktion von der Bundesregierung, die Benachteiligung
Alleinerziehender auf dem Arbeitsmarkt und in der Steuerpolitik
auszugleichen (
16/10257). Für die Aussprache ist eine
halbe Stunde vorgesehen.
Die Bundesregierung will die Funktionstüchtigkeit der Einlagensicherungssysteme des Bankenwesens in Deutschland verbessern und das Vertrauen der Anleger in die Entschädigungseinrichtungen stärken. Diesem Ziel dient ihr Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes ( 16/12255), über das gegen 19.20 Uhr beraten und abgestimmt wird.
Der Entwurf sieht unter anderem vor, die Mindestdeckung der
Anlegerentschädigung von 20.000 auf 50.000 Euro
anzuheben.Außerdemsoll die Auszahlungsfrist auf
höchstens 30 Tage verkürzt und die bisherige
Verlustbeteiligung des Anlegers in Höhe von zehn Prozent
abgeschafft werden.
Zudem wird ein Antrag der FDP-Fraktion beraten, in dem diese die
Bundesregierung auffordert, unverzüglich einen Gesetzentwurf
zur Novellierung des gesamten Anlegerentschädigungsrechts
vorzulegen (
16/11458). Es müsse ein System geschaffen
werden, das die Interessen sämtlicher von der
EU-Anlegerentschädigungsrichtlinie erfassten Anleger und
Wertpapierfirmen angemessen berücksichtigt.
Weiterhin stimmt der Bundestag über einen Antrag von Bündnis 90/Die Grünen ab, in dem die Fraktion auf eine "effiziente, transparente und gerechte Vergabe aller zulassungsbeschränkten Studienplätze" drängt ( 16/12476). Dazu solle die Bundesregierung mit den Ländern umgehend einen Staatsvertrag aushandeln, der ein entsprechendes Verfahren sicherstellt. Derzeit wiesen die Hochschulen Studienberechtigte ab, obwohl Tausende Studienplätze vakant blieben.
Danach stimmen die Abgeordneten über einen Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Zugewinnausgleichs- und Vormundschaftsrechts ( 16/10798) ab.
Mit dem Gesetzentwurf will die Bundesregierung die Berechnung des
Zugewinns gerechter gestalten. So sollen voreheliche Schulden, die
während der Ehe getilgt werden, beim Zugewinn künftig
mitberechnet werden. Außerdem sieht der Gesetzentwurf eine
Änderung des Vormundschaftsrechts vor. Danach darf der Vormund
über das Vermögen auf dem Girokonto seines zu Betreuenden
in Zukunft genehmigungsfrei verfügen. Vom Bundesrat wird diese
Änderung kritisiert, da er erheblichen Missbrauch
befürchtet. Für Aussprache und Abstimmung ist eine Stunde
vorgesehen.
Die Bundesregierung soll die 2009 in Kraft getretene Mauterhöhung bis Ende 2009 aussetzen. Die drastische Erhöhung der Lkw-Maut habe die durch die Finanz- und Wirtschaftskrise ohnehin schwierige Lage der Branche deutlich verschärft, schreibt die FDP-Fraktion in einem Antrag, der federführend an den Verkehrsausschuss zur weiteren Beratung überwiesen wird ( 16/12731).
Danach stimmt der Bundestag über einen Antrag der Koalitionsfraktionen ab, die Bundesregierung möge sich mit den Staaten Lateinamerikas im multilateralen Rahmen enger und systematischer abstimmen sowie neue Partnerschaften ausbauen ( 16/9072).
Zur Gestaltung der Rolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im digitalen Zeitalter liegen drei Anträge der Opposition vor. Anlass ist der Kompromiss zwischen der Bundesregierung und der EU-Kommission vom April 2007 über die Rundfunkfinanzierung. Darin verpflichteten sich die Bundesländer, Teile des Rundfunkrechts neu zu gestalten und die Möglichkeiten der öffentlich-rechtlichen Sender im Internet zu begrenzen. Die FDP-Fraktion fordert in ihrem Antrag klare Rahmenbedingungen für die digitalen Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Internet und verlangt von der Bundesregierung, sich gegenüber den Bundesländern dafür einzusetzen, dass diese im Rundfunkstaatsvertrag verankert werden ( 16/5959). Es müsse klargestellt werden, dass das Internet zwar als Übertragungsweg für öffentlich-rechtliche Rundfunkprogramme genutzt werden dürfe, nicht jedoch als Plattform von Presse- und Telemediendiensten.
Alle digitalen und analogen Angebote der
öffentlich-rechtlichen Sender müssen werbefrei sein. Das
verlangt Die Linke in einem Antrag (
16/6773). Der zunehmenden "Tendenz zur
Selbstkommerzialisierung" des öffentlich-rechtlichen Rundfunks
müsse Einhalt geboten werden, schreibt die Fraktion. Nur so
lasse sich die Akzeptanz der Gebührenfinanzierung langfristig
sicherstellen. Zudem wird über einen Antrag der Linksfraktion
abgestimmt, Geringverdiener oder in gleicher Weise benachteiligte
Personen von den Rundfunkgebühren zu befreien (
16/5140).
Bündnis 90/Die Grünen begrüßen zwar den
zwischen Bundesregierung und EU-Kommission erzielten Kompromiss
bezüglich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in
Deutschland, sehen zugleich jedoch Gefahren für die
Staatsferne und die Autonomie im Bereich neuer digitaler
Programmangebote. In ihrem Antrag (
16/5424) fordern sie, dass auch die digitalen
Programmangebote unter den vom Bundesverfassungsgericht
zugewiesenen Grundversorgungsauftrag fallen und nicht auf eine
Minimalversorgung reduziert werden dürfen.
Außerdem wird über den Medien- und Kommunikationsbericht
der Bundesregierung 2008 (
16/11570) sowie einen
Entschließungsantrag der FDP-Fraktion (
16/12135) dazu beraten. Die FDP fordert die
Bundesregierung unter anderem auf, sich für ein ausgewogeneres
Verhältnis zwischen den gebotenen Sicherheitsinteressen des
Staates einerseits und der Ausgestaltung und Sicherung der
Meinungs-, Medien- und Kommunikationsfreiheit andererseits
einzusetzen.
Später stimmt der Bundestag über einen Antrag der Linksfraktion ab, in dem diese auf verstärkte Anstrengungen zur Vermeidung von Krankenhausinfektionen dringt ( 16/11660).
Um 22.35 Uhr stimmen die Abgeordneten über den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Errichtung eines Sondervermögens "Vorsorge für Schlusszahlungen für inflationsindexierte Bundeswertpapiere" ab ( 16/12233). Mit dem Sondervermögen sollen hohe Einmalbelastungen für den Bundeshaushalt bei Fälligkeit von inflationsindexierten Wertpapieren vermieden werden.
Die Bundesregierung will die Rechtsverhältnisse bei Schuldverschreibungen aus Gesamtemissionen neu regeln. Gerade im Zusammenhang mit der Finanzmarktkrise habe sich gezeigt, dass viele Anleger die Risiken der teilweise hochkomplexen, als Schuldverschreibungen begebenen Produkte nicht hinreichend verstünden, schreibt die Bundesregierung in ihrem Gesetzentwurf ( 16/12814). Hier müsse für mehr Verständlichkeit und Transparenz gesorgt werden. Zudem sollen die Anleger im Falle einer fehlerhaften Beratung ihre Ansprüche leichter durchsetzen können. Gesetzentwurf soll im Rechtsausschuss weiterberaten werden.