Gesundheitsausschuss befragte Experten zu einer Bundesratsvorlage
Ein vom Bundesrat vorgelegter Gesetzentwurf, demzufolge die Ausbildung in verschiedenen Medizinberufen außer an staatlich anerkannten Fachschulen auch an Hochschulen möglich sein soll, wird von den betroffenen Berufsverbänden begrüßt. Das wurde bei einer öffentlichen Anhörung des Gesundheitsausschusses am Montag, 25. Mai 2009, deutlich. Der Gesetzentwurf sieht erweiterte Möglichkeiten bei der Berufsausbildung von Hebammen, Logopäden, Physio- und Ergotherapeuten vor. Die mit der vorgesehenen Modellklausel gemachten Erfahrungen sollen Bund und Ländern als Grundlage für die Weiterentwicklung der Berufsgesetze dienen, um die Ausbildungen dieser Berufe im europäischen Vergleich wettbewerbsfähig zu machen, heißt es in der Begründung.
Der Deutsche Bundesverband für Logopädie (DBL) nannte den
Gesetzentwurf (
16/9898) einen „deutlichen und
begrüßenswerten Schritt in die richtige Richtung“,
dem weitere folgen müssten. International werde den
Anforderungen des Berufes durch eine akademische Ausbildung schon
länger Rechnung getragen.
Deutschland sei das einzige Land, das diesen Vorgaben nicht folge, kritisierte der DBL. Die Einführung einer Modellklausel ermögliche Schritte zur Aufhebung der Benachteiligung deutsche Absolventen im europäischen Raum, der durch die derzeitige Gesetzeslage verursacht werde, ergänzte der Deutsche Verband der Ergotherapeuten.
Auch aus Sicht der Einzelsachverständigen Prof. Dr.
Ursula Walkenhorst ist die europäische Mobilität
„derzeit nicht möglich“. Wünschenswert
wäre eine Mobilität, die „in beide Richtungen
geht“.
Als „überfällig“ bezeichnete die Arbeitsgemeinschaft Medizinfachberufe den geplanten Schritt. Deutschland sei derzeit Schlusslicht bei der Ausbildung. Die Modellklausel werde zeigen, was die Akademisierung bringt, hieß es vom Deutschen Verband der Physiotherapeuten. Man sei jedoch von einem positiven Effekt überzeugt. Auch der Deutsche Pflegerat betonte, er stehe zur „Aufwertung der Berufsausbildung“.
Skepsis überwog hingegen beim Spitzenverband der Gesetzlichen
Krankenversicherungen (GKV). Es sei ein Trugschluss anzunehmen,
dass eine Verbesserung der Ausbildung ausschließlich durch
eine Akademisierung zu erreichen sei. Vielmehr sei dies auch durch
eine Verbesserung der Fachschulausbildung möglich. Aus Sicht
der GKV ist zu befürchten, dass bei einer Hochschulausbildung
der Praxisaspekt nicht ausreichend berücksichtigt wird.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) sieht mit der Akademisierung der Ausbildung „keine Verbesserung bei der Versorgung der Patienten“ verbunden. Die DKG plädierte für eine „Politik der kleinen Schritte“, die Wert auf die Weiterentwicklung der bisherigen Berufsausbildung legen müsse. Eine weitere Akademisierung nichtärztlicher Gesundheitsberufe sei „nicht zwingend notwendig“.
Auf die Gefahr der Abwertung nichtakademischer Abschlüsse
verwies die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Es müsse sich
erst noch zeigen, ob die Ausbildung an Hochschulen wirklich besser
sei. Verdi warnte, die Modellversuche dürften nicht dem
Selbstzweck dienen und müssten „nicht interessengeleitet
evaluiert werden“. Zugleich sprach sich der
Gewerkschaftsvertreter dafür aus, die Modellversuche
bundeseinheitlich zu regeln.