Aktuelle Stunde zu Äußerungen von EU-Kommissar Günter Verheugen
Die FDP sieht sich durch Äußerungen von EU-Kommissar Günter Verheugen an der deutschen Bankenaufsicht in ihrer eigenen Kritik daran bestätigt. In einer Aktuellen Stunde diskutierten Abgeordnete am Mittwoch, dem 27. Mai 2009, im Bundestag über Versäumnisse der deutschen Bankenaufseher. Beantragt hatten die Aktuelle Stunde die Liberalen.
Jürgen Koppelin, haushaltspolitischer Sprecher der FDP,
zitierte den Sozialdemokraten Verheugen mit der Aussage, nirgendwo
hätten sichz Banken mit größerer Bereitschaft in
unkalkulierbare Risiken gestürzt als in Deutschland. Schuld
daran sei die Bankenaufsicht, die die Dinge einfach habe laufen
lassen.
"Verheugen hat recht", so das Fazit Koppelins. Schon 2002 habe die FDP gefordert, die Banken, auch die staatseigene KfW, der alleinigen Aufsicht der Deutschen Bundesbank zu unterstellen. Die Sozialdemokraten mit dem damaligen Finanzminister Hans Eichel hätten dies abgelehnt. Die Sozialdemokraten hätten auch nichts getan, um Geschäfte von Banken wie der HSH Nordbank zu unterbinden.
Gunter Krichbaum (CDU/CSU) hielt dem entgegen, dass in den von der
Finanzkrise betroffenen bayerischen, baden-württembergischen
und thüringischen Landesbanken FDP-Politiker im Aufsichtsrat
sitzen. Der FDP gehe es wohl nur darum, mehr mediale Aufmerksamkeit
für den Untersuchungsausschuss zum angeschlagenen
Münchener Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate zu
erlangen.
Krichbaum räumte aber ein, dass bei der Aufsicht die "Zahnräder besser ineinandergreifen" müssten. Eichel sei mit seinen Forderungen nach mehr Aufsicht bei den angelsächsischen Partnern gescheitert. Der Unionspolitiker forderte mehr Effizienz in der Aufsicht. "Wir plädieren dafür, die Kompetenzen von Bundesbank und BaFin zusammenzulegen", so Krichbaum mit Blick auf die derzeit zwischen der Notenbank und der Finanzaufsichtsbehörde des Bundes geteilten Zuständigkeit.
Dabei sollten die Kompetenzen "ein Stück weit" mehr zur
Bundesbank verlegt werden. Erforderlich sei ferner ein TÜV
für Finanzmarktprodukte. Kirchbaum sprach sich auch dafür
aus, dass es einen eigenen EU-Kommissar für
Finanzmarktaufsicht und Regulierung gibt. International müsse
man zu einheitlichen Standards kommen.
Komplettes Versagen bescheinigte hingegen Dr. Gesine Lötzsch (Linksfraktion) der deutschen Bankenaufsicht. Sie forderte die Bundesregierung auf, ihr "Versagen" öffentlich einzugestehen. Die Aufklärung der Bankenkrise werde komplett behindert. Den Chef der Aufsichtsbehörde BaFin, Jochen Sanio, nannte sie den "Mehdorn der Bankenaufsicht" und als "personifiziertes Sicherheitsrisiko".
Durch blinden Aktionismus versuche die Regierung nun, so
Lötzsch, von ihrem Versagen abzulenken. Sie gebe vor, den
Bankensektor strenger reguliren zu wollen, dabei stecke sie ohne
wirksame Kontrolle durch den Bundestag Milliarden in marode Banken.
Die systemrelevanten Banken müssten verstaatlicht und
demokratisch kontrolliert werden, forderte die Politikerin der
Linken.
"Ich kann die Aussagen Verheugens nicht nachvollziehen", sagte Karl Diller (SPD), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesfinanzministerium. Die deutsche Bankenaufsicht bewege sich im Rahmen der europäischen Vorgaben.
Im Vergleich zu den USA und Großbritannien sie die staatliche
Unterstützung des Bankensektors in Deutschland "relativ
moderat", sagte Diller. In den USA seien Staatshilfen für
nahezu alle Großbanken nötig.
Erstaunt gab sich Dr. Gerhard Schick (Bündnis 90/Die Grünen). Er verwies auf elf Milliarden Euro Verlust allein bei der Düsseldorfer Mittelstandsbank IKB, an der sich die staatseigene KfW beteiligt hatte. Dennoch behaupte die Regierung, dass "alles richtig gelaufen" sei. Fehler hätten in Deutschland dazu geführt, dass die Banken Risikopapiere aufgekauft hätten.
Schick rief alle Parteien dazu auf, sich
an der Aufklärung im Untersuchungsausschuss zu beteiligen.
"Die Bürger erwarten, dass wir sinnvolle
Aufklärungsarbeit leisten.
Für die SPD erinnerte Ortwin Runde daran, dass ohne das "Regulierungsdumping" in Irland die Engagements der Sachsen LB und der Hypo Real Estate mit der Depfa-Bank nicht möglich gewesen wäre. Er halte sich an Helmut Schmidt, so Runde, der gesagt habe, man brauche für den Finanzmarkt endlich "so etwas wie Regeln".
Jede Finanzmarktaufsicht sei abhängig davon, dass es klare,
internationale Regelwerke gibt. Daher dürfe es auch keine
Steueroasen geben, so Runde.