Linke-Vorschlag "Schutzschirm für Sozialkassen" stößt nicht auf Gegenliebe
Ein Antrag der Linksfraktion auf Staatsgarantien für Sozialversicherungen ist im Bundestag auf geschlossene Ablehnung aller anderen Fraktionen gestoßen. Als "populistisch und brandgefährlich" wies der haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Steffen Kampeter, den Vorstoß am Donnerstag, 18. Juni 2009, zurück. „Wir brauchen eine umfassende Reformdebatte über soziale Leistungen“, sagte der CDU-Politiker in der rund 75-minütigen Bundestagsdebatte. SPD, FDP und Grüne hielten der Linksfraktion vor, unrealistische Vorschläge zu machen, die nicht finanzierbar seien. Die SPD verwies darauf, dass die Bundesregierung bereits Rentenkürzungen für das kommende Jahr ausgeschlossen und eine Schutzklausel verabschiedet hat.
Nach dem Willen der Linksfraktion soll die Bundesregierung
gesetzlich regeln, dass auch nach der Bundestagswahl Ende September
Sozialleistungen nicht gekürzt werden (
16/12857). Kürzungen der Sozialleistungen
wären Gift für die Kaufkraft und würden die jetzige
Krise noch verstärken, heißt es in dem Antrag. "Die
Bundesregierung muss für die sozialen Sicherungssysteme
bürgen und durch eine Staatsgarantie einen wirksamen
Schutzschirm für die Menschen spannen.“
Der stellvertretende Chef der Linksfraktion, Klaus Ernst, verwies
darauf, dass bis Ende 2010 allein in der Arbeitslosen- und
Krankenversicherung die Fehlbeträge auf 50 Milliarden Euro
ansteigen würden. Gleichzeitig unterstütze die
Bundesregierung marode Banken mit insgesamt 480 Milliarden Euro und
halte sie damit künstlich am Leben. „Menschen, die mit
der Krise überhaupt nichts zu tun haben, sollen die Krise
bewältigen und zahlen“, hielt Ernst der Bundesregierung
vor. Der Antrag der Linksfraktion mache hingegen deutlich: "Wir
bitten den Bürger nicht zur Kasse.“
Als "Frontalangriff und Verrat an den nachfolgenden Generationen“ bewertete hingegen der CDU-Politiker Kampeter den Antrag der Linksfraktion. Die Bürger erwateten von der Politik eine kluge Reform der sozialen Sicherungssysteme. Die Linke dagegen fordere von der Politik eine „Selbstblockade des Staates“. Das sei ein "übles Spiel mit der Angst“.
Kampeter verwies auf die Reform der Bundesagentur für Arbeit
(BA). Dadurch sei die Vermittlung professioneller und schneller
geworden und die Dauer der Arbeitslosigkeit faktisch um 40 Prozent
gesenkt worden. "Das ist zukunftsweisende und verantwortliche
Politik“, betonte der Haushaltsexperte.
Die SPD-Haushaltspolitikerin Waltraud Lehn wehrte sich gegen den Vorwurf, die Bundesregierung habe maroden Banken unter die Arme gegriffen. "Wir haben dafür gesorgt, dass Geld fließt für Investitionen“, sagte sie. Außerdem würden die Renten in diesem Jahr steigen. Das zeige: "Auf unseren Sozialstaat ist Verlass, auch in Krisenzeiten.“
Ihr Fraktionskollege Peter Friedrich sagte, der Sozialstaat
müsse die Menschen absichern und sie zur Eigenständigkeit
befähigen. "Deshalb brauchen wir Investitionen in Bildung, um
das Niveau der sozialen Sicherung zu gewährleisten.“
Der rentenpolitische Sprecher der FDP, Heinrich Kolb, fragte: "Kann es eine Leistungsgarantie geben, wenn es keine Beitragsgarantie gibt.“ Das allein zeige schon, wie wenig durchdacht der Antrag der Linksfraktion sei. Der Staat dürfe sich bei der Finanzierung nicht anders verhalten als die Bürger. Die Linksfraktion habe zudem den Grundsatz der Generationengerechtigkeit sträflich außer Acht gelassen.
Auch die gesundheitspolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die
Grünen, Birgitt Bender, forderte die Linksfraktion auf
klarzustellen, wie sie einen Schutzschirm für Sozialleistungen
finanzieren wolle. "Wenn Sie sagen 'keine Kürzungen',
müssen Sie auch sagen, wie viel Mehrbelastung auf die
Bürger zukommt.“
In der Rentenversicherung hat die Bundesregierung bereits auf die
Befürchtung sinkender Löhne reagiert und eine
Rentengarantie für die rund 20 Millionen Ruheständler
verabschiedet. Finanziert werden soll die Schutzklausel dadurch,
dass künftige Rentenerhöhungen halbiert werden.
Sozialminister Olaf Scholz (SPD) erwartet allerdings nicht, dass
die Schutzklausel in Anspruch genommen werden muss, da
Rentenkürzungen derzeit nicht erkennbar seien.