Die Sicherstellung der Eisenbahninfrastruktur und des Fernverkehrsangebotes sollte gesetzlich geregelt werden. Darin waren sich die meisten Sachverständigen am Mittwoch, 1. Juli 2009, in der Anhörung des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung einig. In der voraussichtlich letzten öffentlichen Ausschusssitzung unter Vorsitz des aus dem Parlament scheidenden Dr. Klaus Lippold (CDU/CSU) ging es um wortgleiche Gesetzentwürfe von Bündnis 90/Die Grünen und des Bundesrates zur Sicherstellung der Eisenbahninfrastruktur und des Fernverkehrsangebots.
Darin wollen Grüne und Bundesrat festschreiben, wie die
Deutsche Bahn AG im Falle einer Teilprivatisierung ihrer Verkehrs-
und Logistiksparte das Schienennetz instandhalten muss. Die
Länderinteressen sollen dabei gewahrt bleiben. Außerdem
soll untersagt werden, dass Fernverkehrsangebote von der Bahn
eingestellt werden.
Zu den beiden Entwürfen der Grünen-Fraktion ( 16/9797) und des Bundesrates ( 16/9903) sagte Prof. Karl-Dieter Bodack von der Fachhochschule Coburg, der nach eigenen Angaben lange bei der Bahn gearbeitet hat, das geplante Gesetz sei „unabdingbar notwendig“, damit der Bund seine Verpflichtung zu sparsamer und zielgerichteter Verwendung der Haushaltsmittel erfülle. Nach seiner Auffassung gibt es erhebliche Mängel in der Erhaltung und in der Leistungsfähigkeit der Eisenbahninfrastruktur.
Einige Defizite könnten durch eine verstärkte Aufsicht
des Bundes oder des Eisenbahn-Bundesamtes behoben werden, indem zum
Beispiel der Rückbau von Eisenbahnanlagen im Bestandsnetz
einem strengen Genehmigungsverfahren unterworfen werde, heißt
es in Bodacks schriftlicher Stellungnahme. Deshalb seien neue
gesetzliche Regelungen notwendig, um die Infrastruktur zu
ertüchtigen mit dem Ziel, „mehr Verkehr auf die
Schiene“ zu bringen. Bodack regte an, unter anderem bei der
Finanzierung und bei der Rückzahlung von Mitteln des Bundes
die Gesetzentwürfe noch zu präzisieren und zu
ergänzen.
Kritisch wertete Prof. Dr. Christian Böttger, Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin, die Gesetzentwürfe. Sie seien in der „jetzigen Form“ wenig geeignet sein, um die verkehrspolitischen Ziele der Antragsteller zu erreichen, schreibt er. So böten sie keine Gewähr, dass tatsächlich sinnvolle Leistungen erbracht oder gefördert würden. Auch seien sie „ordnungspolitisch unklar“.
So sei unter anderem eine Pflicht zur Ausschreibung nicht
vorgesehen. Außerdem böten die Gesetzentwürfe
Anreize zum Missbrauch durch die Deutsche Bahn AG. Trotzdem hielt
auch Böttger es für eine wichtige Aufgabe, gesetzliche
Rahmenbedingungen zu schaffen, um den Wettbewerb zu
fördern.
Dirk Flege, Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, begrüßte, dass die Debatte um die Gesetzentwürfe dazu beitrage, die verkehrs- und bahnpolitische Diskussion in Deutschland voranzutreiben. Er halte jedoch die Einbeziehung der Fahrgastperspektive und der Wettbewerbsbedingungen der Verkehrsträger untereinander sowie die konkrete Orientierung an den Potenzialen für mehr Verkehr auf der Schiene für erforderlich. Bevor man sich auf die Anwendung bestimmter Instrumente festlege, müssten Ziele für die Steigerung von Fahrgastzahlen und Marktanteilen formuliert werden.
Prof. Dr. Hubertus Gersdorf von der Juristischen
Fakultät der Universität Rostock hielt die
Gesetzentwürfe zwar für verfassungsrechtlich
zulässig, jedoch für nicht geboten. Der Bund sei nicht
verpflichtet, auch bei einer teilweisen Privatisierung der
Deutsche-Bahn-Tochter Mobilität Logistik AG ein entsprechendes
Sicherstellungsgesetz zu erlassen. Es sei Aufgabe des Staates,
Wettbewerb zu ermöglichen. Hans Leister von
der Initiative Deutschlandtakt unterstützte die Intention der
Gesetzentwürfe, sah allerdings noch erheblichen
Verbesserungsbedarf.