Der Bund will in diesem Jahr Schulden in Höhe von 49,08 Milliarden Euro aufnehmen. Am Donnerstag, 2. Juli 2009, beschloss der Bundestag mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen einen zweiten Nachtragshaushalt. Insgesamt steigen in diesem Jahr damit die Ausgaben auf 303,31 Milliarden Euro. Für Investitionen sind 32,8 Milliarden Euro eingeplant, und die Steuereinnahmen sollen 224,07 Milliarden Euro betragen.
Der Etat für 2009 übersteigt damit den bisherigen
Schuldenrekord von 1996. Damals lag die Kreditaufnahme bei 40
Milliarden Euro. FDP, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke
kritisierten die Nachbesserungen am Etat als unseriös. Die
Linksfraktion sprach von einer tickenden Zeitbombe.
Erst am 1. Juli hatte der Haushaltsausschuss mit den Stimmen von CDU/CSU und SPD einer nochmaligen Erhöhung des Etats um knapp 1,5 Milliarden Euro zugestimmt. In dem ursprünglichen Entwurf der Bundesregierung ( 16/13000 16/13386) waren noch 47,59 Milliarden Euro veranschlagt.
Die Oppositionsfraktionen kritisierten die in letzter Minute
vorgelegten Nachbesserungen scharf. Von dem zweiten
Nachtragshaushalt profitieren das Gesundheitsministerium mit vier
Milliarden Euro sowie das Ressort Arbeit und Soziales mit
zusätzlich 1,6 Milliarden Euro.
Vor allem die Haushaltsexpertin der Grünen, Anna Lührmann, beklagte, dass unter dem Druck der Finanzkrise das Budgetrecht des Parlaments signifikant an Bedeutung verloren habe. So habe der Haushaltsausschuss beim Finanzstabilisierungsgesetz, das ein Volumen von 500 Milliarden Euro hat, fast keine Befugnisse.
“Das ist mit den Grundprinzipien der parlamentarischen
Demokratie nicht vereinbar“, betonte Lührmann. Sie
sagte, dass die im Haushaltsausschuss
„durchgedrückten“ zusätzlichen 1,5 Milliarden
Euro fast ausschließlich klimaschädliche Subventionen
für die Großindustrie seien .
Der haushaltspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Jürgen Koppelin, sagte, dass allein die Zinsen in Höhe von 53 Milliarden Euro jährlich der zweitgrößte Ausgabeposten im Etat 2009 seien. "Das ist ein Skandal. Das ist nicht zu verantworten für folgende Generationen“, betonte er. Der Bundesregierung warf er vor, in Konjunkturzeiten grobe haushaltspolitische Fehler gemacht zu haben. Damals sei die große Chance einer Haushaltssanierung verspielt worden.
Nach Einschätzung der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden
der Linken, Dr. Gesine Lötzsch, ist der Nachtragshaushalt
"schon heute Makulatur“. Die Bundesregierung sei mit dem Ziel
einer Haushaltskonsolidierung auf ganzer Linie gescheitert.
Eine "Neuversion des Populismus“ nannte sie das
Wahlversprechen von CDU und CSU, die Steuern zu senken. Die
Linksfraktion wolle, dass "diejenigen zum Schuldenabbau
herangezogen werden, die sich in den vergangenen 20 Jahren eine
goldene Nase verdient haben“, sagte Lötzsch mit Verweis
auf eine Reichensteuer.
Nach Überzeugung der SPD-Haushaltsexpertin Dr. Erika Ober ist der Nachtragshaushalt alternativlos. „Man darf einer Krise nicht hinterhersparen. Man muss agieren statt zu reagieren“, sagte sie. Das sei der einzig richtige Weg, um die wirtschaftliche Talfahrt abzufedern.
Ihre Fraktionskollegin Bettina Hagedorn verwies darauf, dass im
Vergleich zur Haushaltsaufstellung 2009 die Steuereinnahmen um 23,2
Milliarden Euro eingebrochen seien. „Es wird deutlich: Wir
haben ein Einnahmeproblem“, sagte die SPD-Politikerin.
Auch die CDU-Haushälterin Susanne Jaffke-Witt nannte die
Neuverschuldung alternativlos und betonte, dass Deutschland auch in
diesem Jahr die Maastricht-Kriterien nicht einhalten werde.
Nach der Mai-Steuerschätzung muss der Bund in diesem Jahr mit einem Steuerausfall von 25 Milliarden. Euro rechnen. Bis 2013 soll sich der Steuerausfall auf mehr als 300 Milliarden Euro belaufen. Die Konjunkturprognose der Bundesregierung geht in diesem Jahr von einem Einbruch von sechs Prozent aus.
Außerdem erwartet die Regierung einen Anstieg der
Arbeitslosigkeit und damit verbunden eine deutliche Erhöhung
der Ausgaben am Arbeitsmarkt. Diese zusätzlichen Ausgaben
könnten nicht durch Kürzungen an andere Stelle
kompensiert werden, betont Finanzminister Peer Steinbrück
(SPD). Der erste Nachtragshaushalt war Ende Februar verabschiedet
worden.