Die Fraktion Die Linke ist mit ihrem Antrag auf Abschaffung der Rente mit 67 im Bundestag gescheitert. In namentlicher Abstimmung lehnte die Mehrheit der Abgeordneten am Freitag, 3. Juli 2009, den Vorstoß ab mit 412 Nein- bei 52 Ja-Stimmen und zwei Enthaltungen ab. Vertreter der Koalitionsfraktionen verteidigten in der rund 45-minütigen Debatte die schrittweise Heraufsetzung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre als alternativlos.
Aufgrund der demografischen Entwicklung
sei die Rente mit 67 "nachhaltig und generationengerecht", sagte
der sozialpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Ralf
Brauksiepe. Die Linke warf SPD und Union vor, die Rente ruiniert zu
haben und damit viele Ruheständler in Altersarmut zu
stürzen. Die FDP sprach sich für einen flexiblen
Übergang der Menschen vom Erwerbsleben in den Ruhestand
aus.
"Die Heraufsetzung des Renteneintrittsalters wird die Situation auf
dem Arbeitsmarkt in der sich zuspitzenden Krise gravierend
verschärfen“, heißt es in dem Antrag der Linken (
16/12295,
16/12737). Die Linksfraktion verweist darauf,
dass heute überhaupt nur etwa die Hälfte der
Beschäftigten das Renteneintrittsalter von 65 Jahren
erreichten, weil Arbeitsplätze fehlen. „Dieser Trend
wird sich durch die Krise enorm verstärken“, heißt
es weiter.
Der stellvertretende Linksfraktionschef, Klaus Ernst, betonte, deshalb müsse eine große Mehrheit der künftigen Ruheständler Kürzungen ihrer Bezüge von 7,2 Prozent hinnehmen. In der EU gebe es nur in Norwegen und Island die Rente ab 67. In allen anderen Ländern könnten die Menschen weitaus früher in den Ruhestand wechseln.
"Wir werden die Bundestagswahl zu einer Volksabstimmung über
die Rente mit 67 machen“, kündigte Ernst an. Die
Linksfraktion verlangt stattdessen den Umbau der Rentenversicherung
zu einer Erwerbstätigenversicherung, in die alle
Erwerbstätige – also auch Beamte und Selbstständige
– einzahlen sollen (
16/6440).
Die SPD warf der Linksfraktion Scheinheiligkeit vor. In den vergangenen Jahrzehnten sei die Altersarmut konsequent abgebaut worden, sagte der SPD-Sozialexperte Georg Amann. Nur noch 3,4 Prozent der Ruheständler seien auf Grundsicherung angewiesen. Mit der Riester-Rente und dem Ausbau der betrieblichen Altersvorsorge sei zudem die Rente auf breitere Füße gestellt worden. Brauksiepe verwies auf das Ziel der Bundesregierung, mehr Ältere in Arbeit zu bringen.
Die Beschäftigungsquote von über 50-Jährigen sei auf
54 Prozent gestiegen. Außerdem könnten alle, „die
den Sozialstaat in Jahrzehnten mitaufgebaut haben“, weiterhin
ab 65 abschlagsfrei in Rente gehen. Unter der großen
Koalition gebe es wieder Reserven in der Rentenkasse und die
Bezüge seien gestiegen, sagte der CDU-Politiker.
Die FDP hielt der Koalition vor, die Statistik zu fälschen. In Wirklichkeit hätten die Rentner Einkommensverluste hinnehmen müssen, sagte der Rentenexperte der FDP-Fraktion, Dr. Heinrich Kolb. Dabei verwies er auf die dreiprozentige Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes unter Schwarz-Rot, der die Ruheständler überproportional hart getroffen habe. Von dem gesunkenen Beitrag zur Arbeitslosenversicherung hätten die Rentner nicht profitiert, sagte Kolb.
Die FDP schlug einen flexiblen Übergang vom Arbeitsleben in
den Ruhestand vor. Gleichzeitig müssten die Zuverdienstgrenzen
für Rentner aufgehoben werden. Dadurch werde die
Erwerbsteilhabe von älteren Menschen deutlich gesteigert, wie
die skandinavischen Länder beweisen haben. Eine
Erwerbstätigenversicherung lehnte Kolb ab, weil damit das
Liquiditätsproblem der Rentenkasse noch verschärft
werde.
Die rentenpolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen, Irmingard Schewe-Gerigk, stimmte einer Erhöhung des Renteneintrittsalters grundsätzlich zu, knüpfte dies aber an Bedingungen. So dürfe es keine Rentenkürzungen geben, sagte sie.
Deshalb müssten mehr Arbeitsplätze für Ältere
zur Verfügung gestellt werden. Daran sollte sich das Tempo der
Anhebung des Rentenalters orientieren. Auch Schewe-Gerigk sprach
sich für einen Systemwechsel in der Rentenversicherung aus:
"Langfristig brauchen wir eine Alterssicherung, in die alle
Bürger einzahlen“, sagte sie.
Nach einer Studie es Institutes für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) schaffen derzeit nur 17 Prozent der Menschen den Übergang aus einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung in den Ruhestand. Um Altersarmut zu verhindern, will die Linksfraktion deshalb als Ziel der gesetzlichen Rente die Sicherung des Lebensstandards verankern.
Die verabschiedeten Dämpfungsfaktoren für
Rentenerhöhungen wie Riester-, Nachhaltigkeits- und
Nachholfaktor sollen zurückgenommen werden. Die Linksfraktion
fordert weiterhin eine Angleichung des Rentensatzes in Ost und
West.