Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel (CDU) hat sich am Donnerstag, 2. Juli 2009, für eine Erweiterung des Kreises der führenden Wirtschaftsnationen (G8) ausgesprochen. Nach ihrer Regierungserklärung zum bevorstehenden G8-Wirtschaftsgipfel im italienischen L'Aquila kritisierten Guido Westerwelle (FDP) und andere das Krisenmanagement der Bundesregierung.
Der Gipfel der sieben führenden Industrienationen und
Russlands (G8) findet vom 8. bis 10. Juli in der vom Erdbeben
zerstörten italienischen Stadt L'Aquila statt. Dorthin hatte
der italienische Regierungschef Silvio Berlusconi den Gipfel nach
dem Erdbeben in den Abruzzen Anfang April aus "Solidarität"
mit der schwer geschädigten mittelitalienischen Region
verlegt. Italien hat in diesem Jahr die G8-Präsidentschaft
inne.
Nach den Worten Merkels ist eines der zentralen Ziele der schwarz-roten Regierung, zu erreichen, dass in L’Aquila eine weltweite Finanzmarktverfassung auf den Weg gebracht wird, um künftig eine globale Krise zu vermeiden. Außerdem müsse die 2001 begonnene und in den letzten Jahren stockende Doha-Runde der Welthandelsorganisation weitergeführt werden, die weitere Zölle und andere Handelshemmnisse beseitigen sollte.
Im Mittelpunkt des G8-Treffens steht nach Angaben der Kanzlerin
außerdem eine vernünftige und nachhaltige Klimapolitik,
die ein internationales Handeln erfordert: "Der Gipfel in L'Aquila
wird deutlich machen, dass dieses G8-Format nicht mehr ausreichend
ist", sagte sie. Dazu müsse man auch die Schwellenländer
und afrikanischen Länder miteinbeziehen.
"Die Welt wächst zusammen. Die Probleme können von den
Industrieländern nicht mehr allein gelöst werden", sagte
Merkel. Deswegen sollen in Italien bereits Vertreter von fünf
Schwellenländern und afrikanischen Ländern
dazustoßen.
Nach Merkels Auffassung ist Europa weiterhin führend im Klimaschutz. Die Klimaziele, die das US-Abgeordnetenhaus vorgelegt habe, führten noch nicht automatisch zu dem Ziel, das für 2050 nötig sei. "Aber sie bedeuten eine Trendwende."
Nach wie vor sei das Zwei-Grad-Ziel nötig, wonach die
weltweite Temperatur bis 2050 um nicht mehr als zwei Grad ansteigen
soll. Vor dem Hintergrund sei der G8-Gipfel eine "Zwischenstation":
zwischen dem G20-Gipfel der wichtigsten Industrie- und
Schwellenländer im Frühjahr, der eine Weltfinanzreform
eingeleitet hat, zum G20-Gipfel im September in Pittsburgh (USA)
und zum UN-Klimagipfel im Dezember in Kopenhagen.
Als weitere Gipfel-Themen forderte die Kanzlerin den Iran auf,
einen vernünftigen Weg zu gehen. Für einen Frieden in
Nahost seien Zugeständnisse von allen Seiten nötig, auch
ein Baustopp für neue israelische Siedlungen. Außerdem
betonte sie die Bedeutung von Entwicklungshilfe und sagte der von
dem Erdbeben schwer zerstörten italienischen Gemeinde Onna in
der Nähe L'Aquilas Aufbauhilfe zu.
In der anschließenden Aussprache kritisierte der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle die Bundesregierung für ihre Uneinigkeit in der Energiepolitik. Außerdem bemängelte er, dass nur Deutschland auf die nukleare Energiegewinnung verzichte: "Wir brauchen diese Überbrückungstechnologie."
Deutschland habe die sicherste und modernste Kerntechnik. Ein
"Energiemix" einschließlich dieser Technologie sei die beste
Antwort auf den Klimawandel, weil man dann nicht Energie aus
unsicheren Atomkraftwerken im Ausland einkaufen müsse.
Zudem bemängelte der FDP-Vorsitzende die Zersplitterung der
nationalen Bankenaufsicht zwischen der Aufsichtsbehörde BaFin
und der Bundesbank. Er forderte die Bundesregierung auf, dies
effektiver zu strukturieren: "Wer international mit Autorität
auftritt, muss erst mal zuhause seine Hausaufgaben machen."
In seiner letzten Rede im Bundestag machte Hans Eichel (SPD) auf das Klima-Thema aufmerksam. Wahrscheinlich würden die Schwellenländer besser durch die Krise kommen, als die allerärmsten Länder, sagte Eichel. Dies erfordere von den Industriestaaten eine "solidarische Antwort".
Eichel griff den Vorschlag von Kanzlerin auf und sagte, die
globalen Themen müssten besprochen werden, ohne beispielsweise
die islamische Welt außen vor zu lassen: "Das Zukunftsformat
ist G20."
Laurenz Meyer (CDU/CSU) bekräftigte die soziale Dimension bei der Bewältigung der globalen Krise: "Sozialer Zusammenhalt ist von enormer Bedeutung." Zum Thema Nachhaltigkeit mahnte er jedoch auch die Effektivität des G8-Gipfels an: "Wenn die G8 nicht zu verbindlichen Ergebnissen kommen, werden die Schwellenländer sie nicht unterstützen."
Oskar Lafontaine (Die Linke) griff Bundeskanzlerin Merkel
dafür an, dass sie in ihrer Regierungserklärung keine
konkreten Vorschläge gemacht habe, um die Finanzmärkte zu
regulieren und der Kreditklemme der Realwirtschaft zu entgegnen. Er
warf der Regierung ein Versagen in der Finanzkrise vor: "Das Casino
läuft weiter ohne jede Einschränkung."
In ihrer Regierungserklärung hatte Merkel davon gesprochen, beim Thema Klimapolitik unter anderem die USA "ermutigend zu führen" – dem entgegnete Renate Künast (Bündnis90/Die Grünen) kritisch: "Die USA sind längst losgegangen und andere auch." 20 UN-Organisationen hätten eine "Green Economy" gefordert. Künast betonte, dass eine soziale und ökologische Marktwirtschaft vonnöten sei.