Die Bildungspolitik der Bundesregierung stand am Donnerstag, 26. November 2009, in einer von der Linksfraktion beantragten Aktuellen Stunde auf dem Prüfstand. Auslöser waren die Studentenproteste und der Bildungsstreik der vergangenen Tage. „Bildung für alle – gebührenfrei“ hatte Die Linke die Aktuelle Stunde betitelt.
Nicole Gohlke (Die Linke) stellte sich hinter die Forderungen der protestierenden Schüler und Studierenden, die für bessere Bildungsmöglichkeiten und gegen Unterfinanzierung des Bildungssystems auf die Straße gingen. Die Studierenden forderten die Abschaffung von Studiengebühren und die Überarbeitung der Studiengänge, die im Zuge des europäischen Bologna-Prozesses mit Bachelor- und Master-Abschluss entstanden.
Mit Lippenbekenntnissen ließen sie sich nicht mehr zufriedenstellen, sagte Gohlke, Taten müssten folgen. Sie sprach sich für ein höheres BAföG und für eine längere Bezugsdauer dieser Studienförderung aus. Nötig sei ein Richtungswechsel in der Bildungspolitik.
Michael Kretschmer (CDU/CSU) unterstrich, dass es keine Bildung ohne eigene Anstrengung und Leistung gebe. „Wir stehen für einen Sozialstaat, aber nicht für einen Verschenker-Staat“, sagte der Unionsabgeordnete. Richtig sei, dass bei der “gewaltigen, großen Studienreform“ des Bologna-Prozesses einige nicht „nicht glücklich“ gelaufen seien. In Teilen gebe es zu viele Prüfungen, und organisatorische Abläufe seien nicht gewährleistet.
Der Bologna-Prozess sei aber nicht gescheitert, und die Hochschulautonomie sei nicht falsch, betonte Kretschmer. Er kündigte eine BAföG-Erhöhung für 2010 an. Die Union stehe für ein „vernünftiges Stipendiensystem“, sei offen für Kritik, die aber vernünftig sein und vernünftig vorgetragen werden müsse.
Die Vorsitzende des Bildungsausschusses, Ulla Burchardt (SPD), sagte, 25 Milliarden Euro seien notwendig, um die Bildungsaufgaben auf das Niveau der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zu heben. Für den Bund würde dies 12 Milliarden Euro bedeuten. Allerdings zeige sich nicht nur eine Zahlen-, sondern auch eine Glaubwürdigkeitslücke, sagte Burchardt.
Mit ihren steuerpolitischen Vorhaben lege die Koalition die Axt an Kitas wie an Hochschulen. „Mit Ihrer Steuerpolitik zerstören Sie das Fundament des Bildungssystems“, rief sie den Koalitionären entgegen. Die Bundesinvestitionen in Bildung müssten deutlich steigen.
„Qualität ist nicht zum Nulltarif zu bekommen“, unterstrich Sylvia Canel (FDP). Die schwächsten Schüler müssten stärker gefördert werden: „Bildungsfreiheit für die frühkindliche Bildung“, betonte sie. Gefördert werden müsse der private Mitteleinsatz in den Hochschulen und beim lebenslangen Lernen.
Für Neugeborene schlug sie ein Zukunftskonto von 150 Euro für die Bildung vor. Auch Canel sprach sich für den Aufbau des Stipendienwesens aus, weil Leistung „nicht vom Geldbeutel der Eltern“ abhängen sollte.
Kai Gehring (Bündnis 90/Die Grünen) nannte dies ein „Beispiel für neues Ständedenken im Bildungssystem“. Bildung sei ein Menschenrecht und keine Ware, sagte der Grünen-Politiker. Bildungsministerin Schavan müsse handeln und für ein gerechteres Bildungssystem sorgen: „Wir fordern eine tiefgreifende Reform der Bologna-Reform.“
Die Grünen hätten vorgeschlagen, den Solidaritätszuschlag zum „Bildungs-Soli“ umzuwidmen. Die BAföG-Erhöhung sei ein Trippelschritt nach vorn, ein Stipendiensystem aber ein großer Rückschritt: „Privat vor Staat – das ist das falsche Rezept.“
Bundesbildungsministerin Dr. Annette Schavan (CDU/CSU) sagte, 2009 hätten 423.000 Personen ein Studium aufgenommen, ein Zuwachs von sieben Prozent. Damit nähmen mehr als 43 Prozent des Jahrgangs ein Studium auf. Nach den USA und Großbritannien sei Deutschland das beliebteste Gastland für ausländische Studenten.
Die Studentenproteste hätten in Berlin und Brandenburg, Ländern mit rot-grünen Regierungen, angefangen. Die höchsten Studienanfängerzahlen hätten Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Bayern, Länder mit Studiengebühren. „Wir stehen zu den Studierenden und zum Satz: Investition in Bildung lohnt sich“, betonte die Ministeri