Berlin: (hib/VOM) Seit Anfang 2000 hat das
Bundesfinanzministerium (BMF) nur zu jedem sechzigsten vom
Bundesfinanzhof entschiedenen Fall einen Nichtanwendungserlass
herausgegeben. Dies berichtet die Bundesregierung in ihrer Antwort
(
15/4614) auf eine Kleine Anfrage der FDP (
15/4549). Seit Anfang 2000 seien 25
BMF-Schreiben sowie drei gleich lautende Erlasse der obersten
Finanzbehörden der Länder ergangen, mit denen angeordnet
wurde, eine Entscheidung des höchsten deutschen Finanzgerichts
über den Einzelfall hinaus nicht anzuwenden. Der
Bundesfinanzhof habe seit dem Jahr 2000 1.654 zur amtlichen
Veröffentlichung bestimmte Entscheidungen getroffen. In 106
Fällen habe er dabei seine Rechtsprechung geändert. Damit
übersteige die Zahl der Rechtsprechungsänderungen die
Zahl der Nichtanwendungserlasse (28) um mehr als Dreieinhalbfache,
so die Regierung.Sie verweist darauf, dass in einem
finanzgerichtlichen Verfahren ergangene und rechtskräftig
gewordene Urteile nur die unmittelbar Beteiligten und ihre
Rechtsnachfolger binden. Wenn der Bundesfinanzhof eine Entscheidung
zur amtlichen Veröffentlichung bestimme, prüften die
obersten Finanzbehörden des Bundes und des Länder, ob das
Urteil oder der Beschluss von den Finanzämtern über den
Einzelfall hinaus angewandt werden kann. In der Regel treffe die
Finanzverwaltung eine Entscheidung für eine allgemeine
Anwendung des Urteils oder Beschlusses. Sollten jedoch
Wechselwirkungen mit anderen Steuervorschriften beachtet werden
müssen oder Bedenken gegen eine Anwendung über den
Einzelfall hinaus bestehen, werde die Entscheidung des Gerichts mit
einem Nichtanwendungserlass im Bundessteuerblatt
veröffentlicht. Damit werde dem Bundesfinanzhof Gelegenheit
gegeben, seine Rechtsauffassung in einem anderen geeigneten
Verfahren zu überprüfen, heißt es in der
Antwort.
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Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
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