Berlin: (hib/HAU) Das deutsche Steuerrecht
muss einfacher und gerechter werden. In dieser Forderung herrschte
Einigkeit unter den geladenen Experten während einer
öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses am
Mittwochnachmittag. Grundlage der Diskussion waren ein Antrag der
CDU/CSU zur Schaffung eines einfachen, gerechten und
leistungsfreundlichen Steuersystems (
15/2745) sowie der Gesetzentwurf für ein
neues Einkommenssteuerrecht der FDP-Fraktion (
15/2349). Während der Entwurf der Union
eine Vereinfachung des Steuerrechts durch Abbau von
Ausnahmetatbeständen in Verbindung mit Steuertarifsenkungen
vorsieht, wollen die Liberalen die Gewerbesteuer abschaffen und in
die allgemeine Ertragssteuer integrieren.Aus Sicht von Professor
Paul Kirchhof von der Universität Heidelberg ist eine
"fundamentale Reform" des Steuerrechts unverzichtbar. Das
derzeitige Steuerrecht, so Kirchhof, sei zwar "herrschendes Recht",
aber dennoch "Unrecht". Er begrüßte insbesondere die in
dem FDP-Entwurf vorgesehene Gleichbehandlung aller Einkommensarten.
Dies könne ein Durchbruch sein und zugleich ein wichtiges
Signal zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes Deutschland.
Zustimmung erhielt er von Professorin Johanna Hey von der
Universität Düsseldorf, die sich ebenfalls für eine
Vereinfachung der Einkommenssteuer aussprach. Noch wichtiger sei
allerdings eine Senkung der Unternehmenssteuer in Deutschland. Man
sei im europäischen Steuerwettbewerb massiv
zurückgefallen, da sich nicht zuletzt durch den EU Beitritt
der osteuropäischen Mitgliedstaaten der Wettbewerbsdruck
verstärkt habe. Die Reform der Unternehmenssteuer könne
daher nicht bis zur nächsten Legislaturperiode warten. Der
Bundesverband der Deutschen Industrie wie auch der Deutsche
Industrie- und Handelskammertag begrüßten ebenfalls die
Vorlagen. Die Abschaffung der Gewerbesteuer könne ein Einstieg
in die dringend notwendige Unternehmessteuerreform sein. Ebenfalls
positiv bewertet wird die im Unionsmodell vorgesehene Entlastung
der Betriebe bei der Erbschaftssteuer, wenn der Erbe den Betrieb
fortführt. Dies sei aus volkswirtschaftlicher Sicht wichtig,
um das Weiterbestehen mittelständischer Betriebe in der
nächsten Generation zu ermöglichen. Die Deutsche
Steuer-Gewerkschaft bezeichnete die Grundrichtung der beiden
Vorschläge als "richtig und konsequent". Sie seien jedoch
aufgrund der großen finanziellen Risiken für die
öffentlichen Haushalte nur stufenweise und längerfristig
umsetzbar.Für die Bundesvereinigung der Kommunalen
Spitzenverbände ist die Abschaffung der Gewerbesteuer hingegen
"nicht tragbar". Es entstünden Steuerausfälle in
Milliardenhöhe, deren Kompensation ungeklärt sei. Die
Vertreter der Finanzministerien der Länder Nordrhein-Westfalen
und Schleswig-Holstein schlossen sich der Kritik an. Angesichts der
finanziellen Probleme der öffentlichen Haushalte seien weitere
Steuermindereinnahmen nicht akzeptabel. Auch das Deutsche Institut
für Wirtschaftsforschung sieht derzeit keine Spielräume
für Reformen, die Einnahmeverluste zwischen 13 und 27
Milliarden Euro zur Folge hätten. Die tatsächliche
Steuerlast deutscher Unternehmen, so befand Professor Lorenz Jarass
von der Fachhochschule Wiesbaden, liege deutlich unter dem
EU-Durchschnitt. Zwar befinde sich der nominelle Wert in der Tat an
der oberen Grenze, doch die schlussendlich bezahlte Steuersumme
liege "dramatisch" tiefer. Vor diesem Hintergrund sei eine
Forderung nach Senkung der Unternehmenssteuer nicht
gerechtfertigt.
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Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
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