Berlin: (hib/VOM) Auf weitgehende
Zustimmung bei den geladenen Sachverständigen ist am
Mittwochnachmittag ein Gesetzentwurf der Bundesregierung zur
Regelung bestimmter Altforderungen (
15/4640) im Finanzausschuss gestoßen. In
einer nichtöffentlichen Anhörung beschäftigten sich
die Experten mit Darlehensforderungen von Banken, Bausparkassen und
Versicherungsunternehmen aus der Zeit vor dem Ende des Zweiten
Weltkrieges (8. Mai 1945). Diese Forderungen waren durch
Grundstücke in den heutigen neuen Bundesländern
grundpfandrechtlich gesichert und wurden zwischen 1945 und 1949
durch Besatzungsrecht enteignet. Wie aus dem Gesetzentwurf
hervorgeht, hat der Bund die Kreditanstalt für Wiederaufbau
(KfW) beauftragt, diese Forderungen geltend zu machen. Durch
Entscheidungen des Bundesgerichtshofes sind nach Darstellung der
Regierung Unsicherheiten über die Behandlung solcher alter
Darlehensforderungen entstanden, die an Grundstücken in den
neuen Ländern dinglich gesichert wurden. Einige betroffene
Schuldner meinten, der Bund sei nicht forderungsberechtigt, oder
die Forderungen seien verjährt. Der Bund ist dagegen der
Auffassung, die Forderungen stünden der öffentlichen Hand
zu. Die Banken hätten 1948 so genannte Ausgleichsforderungen
erhalten, verbunden mit der Verpflichtung, sie an ihr jeweiliges
Bundesland abzutreten. Da der Bund später diese
Ausgleichsforderungen überwiegend getilgt habe, sei es
sachgerecht, die Forderungsberechtigung dem Bund direkt zuzuordnen.
Die Regierung schätzt das Gesamtvolumen der unter diese
Regelung fallenden Forderungen auf rund 5 Millionen Euro, von denen
dem Bund 3,3 Millionen Euro und den alten Ländern 1,7
Millionen Euro zustünden.Die KfW hielt es für
erforderlich, klar festzustellen, wer Inhaber der Forderungen ist.
Die öffentliche Hand müsse die ursprünglichen
Gläubiger wegen des Erhalts von Ausgleichsforderungen
veranlassen, die zugrunde liegenden Forderungen einzutreiben, um
die Einnahmen daraus wieder an die öffentliche Hand
abzuführen. Die im Entschädigungsgesetz vorgesehene
Anrechnung von Verbindlichkeiten, die zum Zeitpunkt der Enteignung
bestanden, schlägt nach Einschätzung der KfW häufig
fehl. Betroffen seien Konstellationen, in denen
Rückgabeberechtigte lastenfreie Grundstücke zurück
erhalten. Wegen der hohen Wertsteigerung dieser Grundstücke,
die von der Entschädigung abzuziehen sei, bleibe für die
Anrechnung von Verbindlichkeiten kein Raum mehr, sodass der
Berechtigte gleichzeitig eine Schuldbefreiung erhalte. Je
höher die Verschuldung zum Zeitpunkt der Enteignung war, desto
größer wäre der Vorteil. Daher fordert die KfW, den
Entschädigungsberechtigten zu einer Zahlung zu
verpflichten.Der Präsident des Sächsischen Landesamtes
zur Regelung offener Vermögensfragen, Johannes Kimme, betonte,
dem geschwächten ostdeutschen Mittelstand sollte es durch
Rückgabe von Unternehmensresten (meist Industriebrachen)
ermöglicht werden, neue Unternehmen zu gründen. Kimme
riet daher zu prüfen, ob die KfW in Fällen, in denen auf
zurückgegebenen Industriebrachen neue Unternehmen
gegründet wurden, von einer vollständigen Eintreibung der
Altschulden abgesehen werden kann. Professor Achim Krämer aus
Karlsruhe sah das Ziel, Rechtsklarheit und mehr materielle
Gerechtigkeit zu schaffen und unnötigen Verwaltungsaufwand zu
vermeiden, durch den Gesetzentwurf erreicht. Auch nach seiner
Auffassung ist die Anrechnung von Forderungen bei der Berechnung
einer Entschädigung fehlgeschlagen, wenn der Wert des
zurück übertragenen Vermögens die
Bemessungsgrundlage der Entschädigung bereits übersteigt.
Ein Anspruch gegenüber einem Schuldner entstehe nur, wenn die
zunächst vorgesehene entschädigungsmindernde Anrechnung
von Verbindlichkeiten gescheitert ist. Der Gesetzentwurf soll am
25. Februar vom Bundestag verabschiedet werden.