Bundeskriminalamt hatte im Jahr 2000 erste Erkenntnisse
über Missbrauch
2. Untersuchungsausschuss/2.
Untersuchungsausschuss - 24.02.2005
Berlin: (hib/CHE) Das Bundeskriminalamt in
Wiesbaden hatte bereits im Jahr 2000 erste Erkenntnisse über
die Schleusung von Menschen aus der Ukraine nach Deutschland. Das
sagte der Kriminalhauptkommissar im Bundeskriminalamt (BKA), Lars
Rückheim, am Donnerstagvormittag im Untersuchungsausschuss des
Bundestages. Bis zum Ende des Jahres 2001 hätten sich diese
Erkenntnisse weiter verdichtet, so Rückheim weiter. Über
einen Verbindungsbeamten des BKA in Kiew seien diese Informationen
nach Deutschland gelangt. Im Rahmen einer "Schwerpunktauswertung
zur Visaerschleichung in der Ukraine", die im April 2001 begonnen
hatte, kamen die Beamten außerdem zu dem Ergebnis, dass
"verschiedene Gruppen der organisierten Kriminalität an dieser
Form der Schleusung beteiligt" gewesen seien, so
Rückheim.Während einer Dienstreise nach Kiew im Februar
2001 hätten ihn die Mitarbeiter der Visastelle der Botschaft
auf den möglichen Missbrauch von Visa in großem Umfang
hingewiesen. Bei den Gesprächen ging es zum einen um den
Anstieg der Zahl der Visaanträge. Im Vergleich zum Januar 2000
sei sie im Januar 2001 um 130 Prozent gestiegen. Darüber
hätten ihn die Mitarbeiter während des Gesprächs
informiert, so Rückheim. Zum anderen ging es um die
Erschleichung von Visa. "Es wurde damals nicht detailliert
über die beiden Erlasse des Auswärtigen Amtes von 1999
und 2000 gesprochen", sagte er. Aber als "mögliche
Gründe" für den Anstieg und den Missbrauch von Visa
"führten die Mitarbeiter der Visastelle beide Erlasse an", so
der Kriminalkommissar.Dem BKA sei überdies bekannt gewesen,
dass Schleuserbanden nicht nur an deutschen Auslandsvertretungen
agierten, sondern auch andere westliche Vertretungen davon
betroffen gewesen seien, sagte Rückheim weiter. "In sehr
großem Umfang" hätten die Schleusungen auch andere
Staaten des Schengener Abkommens betroffen. Erkenntnisse
darüber erreichten das BKA über eine enge Zusammenarbeit
mit den polizeilichen Behörden in Portugal oder Spanien. Die
dortigen Behörden hätten die deutschen Beamten bereits im
Jahr 2000 auf eine gestiegene Einreise von Personen hingewiesen,
die mit einem deutschen Touristenvisum in diese Länder gelangt
seien. Dort angekommen, seien sie dann von den Schleuserbanden auf
verschiedene Wirtschaftssektoren verteilt worden, vorwiegend auf
den "Bausektor". Es seien ihm auch Fälle von
Zwangsprostitution bekannt gewesen, sagte Rückheim. Allerdings
konnte er keine Angaben zum Umfang solcher Fälle machen. Das
BKA sei jedoch von den portugiesischen Behörden darüber
informiert worden, dass dort "Kommandos" aus den ehemaligen
GUS-Staaten agierten, die Schutzgeld von den eingereisten Menschen
erpressten. Von bis zu 50 Euro pro Woche bis hin zu 500 Euro im
Monat hätten die Menschen teilweise zahlen müssen, so der
Zeuge. Mit der Androhung von Gewalt hätten die Kommandos die
Geldbeträge eingetrieben. Aus Portugal sei überdies ein
Todesfall in diesem Zusammenhang bekannt gewesen. Das BKA habe
außerdem über Hinweise verfügt, wonach die nach
Deutschland geschleusten Menschen zum großen Teil zuerst nach
Berlin gelangten und von dort verteilt wurden. Detaillierte
Erkenntnisse über Schwarzarbeit und Zwangsprostitution seien
ihm jedoch nicht bekannt gewesen, sagte Lars Rückheim.
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