Berlin: (hib/SAS) Die Bundesregierung
sieht im Zusammenhang mit dem von den Koalitionsfraktionen
eingebrachten Antidiskriminierungsgesetz (ADG) weder eine
Prozesswelle auf Deutschland zukommen, noch befürchtet sie ein
Anwachsen der Bürokratie für Behörden. In ihrer
Antwort (
15/5010) auf eine Kleine Anfrage der Union (
15/4912) begründet sie ihre
Einschätzung damit, dass im Gegensatz zu anderen EU-Staaten
der nach der EU-Richtlinie erforderliche Diskriminierungsschutz
nicht vorrangig über den Aufbau von behördlichen
Strukturen gesucht werde, sondern vor allem über
individualrechtliche Ansprüche der von Diskriminierung
Betroffenen. So könne der Aufbau von staatlicher
Bürokratie weitgehend vermieden werden. Auf die seitens der
CDU/CSU-Fraktion geäußerte Befürchtung,
Antidiskriminierungsverbände könnten als "Abmahnvereine"
eine Prozesswelle auslösen, entgegnet die Regierung, dass die
Verbände nicht über eigene Ansprüche verfügen
sollen, sondern nur befugt seien, bei der Durchsetzung
individueller Ansprüche Benachteiligter unterstützend
mitzuwirken. Sie geht deshalb nicht von einer erheblichen
Mehrbelastung der Gerichte aus, weil Diskriminierte, die sich auf
das ADG beriefen, glaubhaft machen müssten, dass es sich um
eine Benachteiligung im Sinne des Gesetzes handelt. Die Behauptung
der Ungleichbehandlung selbst reiche hierfür nicht aus. Erst
nach erfolgreicher Glaubhaftmachung kehre sich die Beweislast
um.Ferner heißt es, die Regierung teile die Auffassung der
Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen, dass
Anbietern von Gütern und Dienstleistungen zusätzliche
Dokumentationskosten entstehen können. Allerdings seien ihr
keine Kostenschätzungen zu den zusätzlichen
Dokumentationspflichten bekannt. Auf die Frage, wo der
Gesetzentwurf über die ihm zugrunde liegende EU-Richtlinie
hinausgehe, sagt die Regierung, dass dies für das allgemeine
Zivilrecht zutreffe, da hier auch ein Diskriminierungsverbot
für die Merkmale der Religion und der Weltanschauung, einer
Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität
vorgesehen sei. Auch in der Schlichtungsfrage gehe der nationale
Entwurf über die EU-Vorgaben hinaus. Nach EU-Recht soll sich
die so genannte Antidiskriminierungsstelle bei Fragen der
ethnischen Herkunft oder des Geschlechts einschalten. Da die
Antidiskriminierungsstelle aber Anlaufstelle für alle
Betroffenen sein solle und zumindest die arbeitsrechtlichen
Regelungen alle Diskriminierungsmerkmale umfassen müsse, ist
es aus Sicht der Bundesregierung nur folgerichtig, allen den Zugang
zu dieser Stelle zu ermöglichen. Im Übrigen verweist die
Bundesregierung darauf, dass auch andere EU-Mitgliedstaaten bei der
Umsetzung der Richtlinienvorgaben weitergehende Regelungen
getroffen hätten. Hier nennt sie folgende Länder:
Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Irland, Litauen, die
Niederlande, Polen, Portugal, Schweden, die Slowakei, Ungarn und
das Vereinigte Königreich.