Berlin: (hib/WOL) Chancengleichheit
für Frauen, auch auf dem privatwirtschaftlichen Arbeitsmarkt,
fordern Bündnis 90/Die Grünen in einem Antrag (
16/712). Die Fraktion legt dar, die seit 1994
erweiterten Formulierungen des Artikels 3 im Grundgesetz seien die
wichtigsten rechtlichen Grundlage für die Gleichstellung von
Mann und Frau. Dieser Artikel fordere nicht nur die
Gleichberechtigung der Geschlechter, sondern auch ihre
tatsächliche Durchsetzung durch die Politik.
Gleichberechtigung ergebe sich nicht automatisch, sondern
müsse gesellschaftlich, politisch und gesetzlich begleitet und
gestaltet werden. Laut Antrag gibt es in Deutschland die "nahezu
größten Einkommensunterschiede zwischen Frauen und
Männern innerhalb der gesamtem Europäischen Union".
Übertroffen werde Deutschland im EU-Vergleich nur von Estland
und der Slowakei. Danach verdienten vollzeitbeschäftigte
Frauen in Westdeutschland durchschnittlich 23 Prozent weniger als
die Männer. In Ostdeutschland betrage der Unterschied etwa 10
Prozent. Nach Ansicht der Fraktion ist dies nicht nur ein
Gerechtigkeitsproblem, sondern auch ein erhebliches
Innovationshemmnis für eine Wissensgesellschaft. Die
Wirtschaft könne es sich nicht mehr leisten, auf die Begabung
und die Potenziale von Frauen zu verzichten, erklären die
Grünen.Die Bundesregierung soll nun ein Programm zur
Gleichstellung von Frauen und Männern auflegen, dass die
gesetzlichen Regelungen zur Chancengleichheit auch in den
Privatwirtschaft umsetzt. So sollen Frauen vor allem bei
Beförderungen und Qualifikationsmaßnahmen
unterstützt und Benachteiligungen durch den Arbeitgeber
sanktioniert werden. Im Rahmen des Antidiskriminierungsgesetzes
soll die EU-Gleichbehandlungsrichtlinie durchgesetzt werden. Auch
auf die Tarifparteien sei einzuwirken, mehr Arbeitszeitkonten
einzurichten und zu nutzen. Die Bedürfnisse von
Arbeitnehmerinnen seien stärker zu berücksichtigen.
Gefordert wird auch, die Förderung von
Nichtleistungsbezieherinnen in Sozialgesetzbuch aufzunehmen. Dies
solle Frauen ohne Arbeit die Rückkehr ins Erwerbsleben
ermöglichen, die aufgrund von Partnereinkommen bisher keinen
Anspruch auf das Arbeitslosengeld II haben. Die weitere Ausbreitung
prekärer Beschäftigungen müsse verhindert werden. So
solle die Regelung von Mini- und Midi-Jobs in einem einheitlichen
Konzept zur Absenkung der Sozialversicherungsbeiträge bei
kleinen Einkommen aufgehen. Mit einer Offensive sollen
Existenzgründungen durch Frauen und auch ihre Nachfolge in
Unternehmen unterstützt werden.