Berlin: (hib/BOB) Der Wehrbeauftragte des
Deutschen Bundestages, Reinhold Robbe (SPD), beklagt eine
permanente Unterfinanzierung der Bundeswehr. Dies schreibt Robbe in
seinem im seinen Jahresbericht 2005 (
16/850), den er am Dienstagmorgen
Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU/CSU) übergab.
Der Wehrbeauftragte sagte dabei, er habe die Gewissheit, "dass
Ihnen meine Arbeit und die Streitkräfte am Herzen liegen".
Lammert erwiderte, die Übergabe des Jahresberichts des
Wehrbeauftragten sei ein Stück "Parlamentsroutine in bestem
Sinne des Wortes". Der Bundestag erhalte einen "authentischen
Eindruck" über die Lage in den Streitkräften. Das Ansehen
der Bundeswehr in Deutschland sei völlig unangefochten.Robbe
schreibt weiter in seinem Jahresbericht, das Aufzeigen der
Belastungsgrenzen für die Streitkräfte - gerade vor dem
Hintergrund möglicher neuer Auslandseinsätze -
gehöre auf die aktuelle Tagesordnung. Die Belastung der Truppe
durch die laufenden und neuen Einsätze sei nach wie vor hoch.
Die Bundeswehr stoße immer deutlich an die Grenzen ihrer
Leistungsfähigkeit. Insbesondere der Mangel an personellen
Ressourcen erweise sich in zunehmendem Maße als Problem. Die
Zahl der im vergangenen Jahr vorliegenden Eingaben an den
Wehrbeauftragten sind mit 5.601 leicht zurückgegangen; 2004
waren es noch 6.154, heißt es in dem Bericht.Verlauf und
Geschwindigkeit der Umwandlung der Streitkräfte hätten
Soldaten und zivile Mitarbeiter verunsichert. Immer öfter und
lauter werde nach Verlässlichkeit und Planungssicherheit
verlangt. Nach Ansicht Robbes muss der "Phase der Konsolidierung"
erfolgen, in der der Truppe ausreichend Zeit und Mittel zur
Verfügung gestellt würden, getroffene Entscheidungen und
Konzepte auch umzusetzen. Nur so könne verloren gegangenes
Vertrauen in den Dienstherrn wieder zurückgewonnen werden.
"Permanente Kürzungen" hätten zu personellen und
materiellen Engpässen geführt, die die Erfüllung der
Aufgaben sichtlich erschwerten und die Motivation der Soldaten
nicht nur vorübergehend beeinträchtigten. Frauen
hätten inzwischen einen festen Platz im Gefüge der
Streitkräfte erobert. Durchschnittlich hätten im Jahr
2005 circa 11.5000 Frauen Dienst in der Bundeswehr geleistet. Ihr
Anteil an den Zeit- und Berufssoldaten sei von mehr als fünf
Prozent im Vorjahr auf mehr als sechs Prozent gestiegen. Aus Robbes
Sicht schreitet die Integration der Frauen weiter voran und
verlaufe weitgehend störungsfrei. Das schließe nicht
aus, dass das Verhalten einiger Vorgesetzter immer noch von innerer
Ablehnung und nicht selten auch von verbalen oder tätlichen
Verfehlungen gegenüber ihren unterstellten Soldatinnen
geprägt sei.Zwischen den Regierungsparteien CDU/CSU und SPD
bestehe Einigkeit über den Erhalt der allgemeinen Wehrpflicht.
Dieses Bekenntnis werde von den Soldaten sehr positiv aufgenommen,
so Robbe. Allerdings sei mit dieser positiven Reaktion auch die
Erwartungshaltung verbunden, dass im Hinblick auf die
Sicherstellung der Einberufungsgerechtigkeit und der damit
ursächlich im Zusammenhang stehenden Bereitstellung von
ausreichenden Dienstposten für Grundwehrdienstleistende den
Ankündigungen auch Taten folgen. Aus Robbe Sicht ist es
langfristig für die Rekruten, aber auch für alle anderen
Bundeswehrangehörigen nicht hinnehmbar, wenn ein erheblicher
Teil der Wehrpflichtigen aus finanziellen Gründen keinen Wehr-
und auch Zivildienst leistet.Robbe weist zudem darauf hin, dass im
Berichtsjahr 147 "Besondere Vorkommnisse" mit Verdacht auf
rechtsextremistischen oder fremdenfeindlichen Hintergrund
geschahen. Im Vorjahr habe es 134 derartige Fälle gegegeben.
Davon seien auf Mannschaften rund 80 Prozent der Fälle
entfallen. 15 Prozent seien die Unteroffiziere und fünf
Prozent die Offiziere beteiligt gewesen. Meist habe es sich um
Propagandadelikte wie das Abspielen rechtsextremistischer oder
fremdenfeindlicher Musik, das Zeigen des Hitler-Grußes oder
"Sieg-Heil"-Rufe gehandelt. Robbe zufolge sind Vorfälle wie
diese in einer fest im demokratischen Rechtsstaat verankerten Armee
"nicht hinnehmbar". Auch Propagandadelikte dürften keine
stillschweigende Duldung erfahren - weder von den Vorgesetzen noch
von den Kameraden.Der rechtswidrige Besitz und Konsum von
Betäubungsmitteln sei nach wie vor auch in der Bundeswehr ein
Problem. Im Berichtsjahr 2005 seien dem Wehrbeauftragten 842
Fälle bekannt geworden. Im Jahr zuvor seien es noch 1.202
Vorkommnisse gewesen. Die meisten Fälle habe es innerhalb der
Mannschaftsdienstgrade gegeben. Es seien vor allem Cannabisprodukte
konsumiert worden. Ein Großteil der aufgefallenen Soldaten
habe auch schon vor Beginn des Wehrdienstes Kontakt mit
Betäubungsmitteln gehabt. Bei den
Bundeswehrkrankenhäusern bestanden laut Robbe zum Teil
"besorgniserregenden Personalengpasse" bei Ärzten und
Assistenzpersonal. Es sei erforderlich, die weiter angespannte
klinische Versorgungslage schnellstmöglich durch
Umorganisation der Krankenhäuser den aktuellen Aufgaben
anzupassen.