Berlin: (hib/VOM) Die Bundesregierung
plant, die Ergebnisse der internationalen Verhandlungen des Baseler
Ausschusses für Bankenaufsicht über das erforderliche
Eigenkapital von Banken vom Juni 2004 ("Basel II") in deutsches
Recht umzusetzen. Dazu hat sie einen Gesetzentwurf zur Umsetzung
der neu gefassten Bankenrichtlinie und
Kapitaladäquanzrichtlinie (
16/1335) der Europäischen Union vorgelegt.
Die EU-Kommission hatte beide Richtlinien auf der Basis des Baseler
Verhandlungsergebnisses geändert.Für Kreditinstitute und
Wertpapierfirmen bedeutet dies, dass die Anforderungen an das
Eigenkapital stärker als bisher vom eingegangenen Risiko
abhängig sein werden. Künftig sollen allgemeine und
besondere Entwicklungen an den Finanzmärkten sowie im
Risikomanagement der Institute berücksichtigt werden. Die
Grundprinzipien der für die Bankenaufsicht zuständigen
Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) werden
gesetzlich vorgegeben und die Offenlegungspflichten der Institute
erweitert, um die Marktdisziplin zu stärken. Dabei soll die
Risikomessung der BaFin an die Risikosteuerungsmethoden der Banken
angenähert werden. Für das Kreditrisiko, das
Marktpreisrisiko und das operationelle Risiko sollen ein
Standardansatz, ein auf internen Ratings basierender IRB-Ansatz und
ein fortgeschrittener IRB-Ansatz angewendet werden können.
Nach dem Standardansatz werden nicht beurteilte
Unternehmensforderungen mit 100 Prozent und beurteilte Forderungen
mit abgestuften Anrechnungsansätzen zwischen 20 und 150
Prozent bewertet. Neu ist das "aufsichtliche
Privatkundenportfolio", wonach Forderungen gegen natürliche
Personen und Kredite an kleine und mittlere Unternehmen bis zur
Gesamthöhe von 1 Million Euro mit einem Risikogewicht von 75
Prozent belegt werden. Nach Regierungsangaben stellt dies eine
bedeutsame Absenkung dar, denn vorher habe das Risikogewicht
für solche Forderungen 100 Prozent betragen. Damit würden
Privatpersonen und mittelständische Betriebe
begünstigt.Der Basis-IRB-Ansatz führe dazu, bankinterne
Rating- und Risikomodelle zu entwickeln, mit denen die
Kreditrisiken einzelner Schuldner erfasst werden sollen. Dabei geht
es um Forderungen an Staaten, Kreditinstitute, sonstige
Unternehmen, Privatkunden sowie um Anteile und Beteiligungen. Die
Kreditrisiken aller Darlehensnehmer sollen mit Hilfe bankinterner
Verfahren nach Risikogewichtsfunktionen ermittelt werden, die von
der BaFin vergeben werden. Als Risikoparameter werden die
Forderungshöhe bei einem Kreditausfall, die
Ausfallwahrscheinlichkeit, die Verlustquote und die effektive
Restlaufzeit der Forderung genannt. Im Basis-IRB-Ansatz muss die
Bank den Angaben zufolge lediglich die Ausfallwahrscheinlichkeit
aus eigenen Berechnungen ermitteln. Auch in diesem Ansatz fallen
Kredite bis zu einer 1 Million Euro in die Forderungsklasse der
Privatkunden. Beim fortgeschrittenen IRB-Ansatz dürfen die
Banken alle vier Risikoparameter selbst schätzen. Das daraus
entwickelte bankinterne Risikomesssystem soll allerdings von der
BaFin genehmigt werden müssen. Sicherheiten wie Bargeld, Gold,
Schuldverschreibungen, Aktien, Investmentfonds, Grundvermögen
oder Forderungen aus Lieferungen sollen in allen Verfahren
risikomindernd berücksichtigt werden.Die neuen
Mindestanforderungen führen nach Darstellung der Regierung
dazu, dass die BaFin die Prüfung des Risikomanagements der
Banken ausweitet. Nach einem internen, von der Bank selbst zu
entwickelndem Konzept soll die Kapitalausstattung bestimmt werden,
die den gegenwärtigen und künftigen Risiken
(Zinsänderungen, Liquidität) angemessen ist. Zudem sollen
alle Informationen offen gelegt werden müssen, mit denen das
Risikoprofil der Banken vom Markt ausreichend beurteilt werden
kann. Die künftige enge Kooperation der Aufsichtsbehörden
bewertet die Regierung als "Meilenstein" für die
Weiterentwicklung des Finanzmarktes in Europa. Kommt es innerhalb
von sechs Monaten nicht zu einer gemeinsamen Entscheidung, soll die
zuständige Aufsichtsbehörde allerdings abschließend
und allein entscheiden können. Der Bundesrat hat in seiner
Stellungnahme gefordert, dass der Standardansatz und der IRB-Ansatz
als gleichwertige Optionen genannt werden. Im Sinne der kleineren
Banken sei zu vermeiden, dass mittelfristig sämtliche Banken
in die IRB-Ansätze wechseln müssen. In ihrer
Gegenäußerung hat die Regierung unterstrichen, dass die
Institute den Standardansatz dauerhaft nutzen können.
Darüber hinaus spricht der Bundesrat die zu erwartenden
Kostensteigerungen aufgrund der zusätzlichen Aufgaben der
BaFin an. Diese sollten kritisch geprüft und auf das
"unabdingbar erforderliche Maß" begrenzt werden. Geprüft
werden solle ferner, ob die BaFin angesichts neuer,
risikoorientierter Instrumenten auf ihre herkömmliche Aufsicht
verzichten oder diese einschränken kann. Darüber
schlägt der Bundesrat 20 Änderungen am Gesetzestext vor.
Die Regierung betont, dass die Zahl von rund 50 zusätzlichen
Planstellen bei der BaFin stelle die Obergrenze darstelle. Die
einzelnen Änderungsvorschläge am Gesetzestext lehnt die
Regierung jedoch in den meisten Fällen ab.