Ausschuss begrüßt Bericht der Sabrow-Kommission
Ausschuss für Kultur und Medien -
29.06.2006
Berlin: (hib/SUK) Der Vorsitzende der so
genannten Sabrow-Expertenkommission zur Aufarbeitung der
SED-Diktatur, Martin Sabrow, hat sich am Mittwochnachmittag
erstaunt und erfreut über das breite Interesse der
Öffentlichkeit an den Empfehlungen der Kommission gezeigt. "Es
gibt ein großes Bedürfnis zur Verständigung
über den Umgang der zweiten deutschen Diktatur", sagte Sabrow
im Kulturausschuss. Die Expertenkommission hat empfohlen, sich der
Thematik aus verschiedenen Perspektiven zu nähern und dabei
drei Themengebiete vorgeschlagen: Überwachung und Verfolgung;
Mauer und Grenze und Herrschaft und Gesellschaft. Das Papier war im
Mai vorgestellt worden und hatte ein breites Echo in der
Öffentlichkeit zur Folge. Die Erinnerung an die DDR sei in der
Bevölkerung allerdings "außerordentlich
unterschiedlich", so Sabrow. Der Zerfall in unterschiedliche
"Milieugedächtnisse" habe begonnen. Es sei jedoch nicht
sinnvoll, mit der "Macht der Moral" zu predigen und so ein
öffentliches Gedächtnis zu schaffen. Da öffentliche
müsse mit dem persönlichen Gedächtnis gekoppelt
werden.Die Abgeordneten aller Fraktionen betonten, die Empfehlungen
der Kommission seien ein wichtiger Grundstein für ein Konzept
zum Umgang mit der kommunistischen Diktatur, das nun
schnellstmöglich folgen müsse. Die SPD-Fraktion regte an,
die Diktatur müsse im internationalen Vergleich betrachtet
werden: "Die DDR ist nur verständlich im internationalen
Kontext." Zudem müsse konstatiert werden, dass die
Aufarbeitung "faktisch unterfinanziert" sei. Obwohl geplant sei,
etwa bei der Birthler-Behörde die Kosten zu senken, würde
der Finanzbedarf "insgesamt steigen". Die Fraktion appellierte an
den anwesenden Kulturstaatsminister Bernd Neumann, sich dieser
"drängenden Haushaltsfrage" schnellstmöglich
anzunehmen.Auch die Union begrüßte das Gutachten der
Expertenkommission und bekräftigte, es sei nötig,
über die Aufarbeitung der deutschen Geschichte eine offene
Diskussion zu führen. Noch seien die Zeitzeugen "da und
vital", dies müsse genutzt werden. Mit Sorge betrachte man
Zahlen, nach denen über 30 Prozent der Ostdeutschen es
ablehnten, die DDR als Diktatur zu bezeichnen. Sollte dies "wahr
sein, ist es alarmierend". Es sei auch zu beobachten, dass
ehemalige Stasi-Funktionäre "immer frecher auftreten" und so
der Versuch unternommen werde, einen Unrechtsstaat im Nachhinein
"demokratisch aufzupolieren". Diese Beobachtungen bestätigten
auch die Bündnisgrünen. Man sehe dabei den Versuch,
"Geschichtsklitterung" zu betreiben und die Diktatur zu
rechtfertigen.Liberale und Linksfraktion betonten, die Aufarbeitung
der DDR-Geschichte sei nicht nur für die Ostdeutschen wichtig,
sondern ein gesamtdeutsches Thema. Die Linksfraktion sah den Beginn
einer neuen Aufarbeitungsdiskussion. Dabei müsse neben den von
der Kommission genannten Themen auch die Kultur einen großen
Raum einnehmen. Man müsse den "engen Blick von den
Gedenkstätten lösen, der bisher geherrscht" habe und sich
auch auf Schauspiel, Film und bildende Kunst konzentrieren.
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