Kritik an Vorschlägen zur Änderung der
Fernsehrichtlinie
Ausschuss für Kultur und Medien -
06.07.2006
Berlin: (hib/SUK) Die Vorschläge zur
so genannten Fernseh-Richtlinie des Europäischen Parlaments
und des Rates werden von den Bundestagsfraktionen zwar
grundsätzlich begrüßt. Bei der Sitzung des
Kulturausschusses am Donnerstagnachmittag wurde aber zugleich
deutlich, dass sie zu einigen Punkten noch erheblichen
Diskussionsbedarf sehen.EU-Kommissarin Viviane Reding warb
nachdrücklich für die geplanten Änderungen: Die
Richtlinie ziele darauf ab, den freien Verkehr von Fernsehsendungen
innerhalb des Binnenmarktes zu gewährleisten und dabei
wichtige Anliegen des öffentliches Interesses - etwa
kulturelle Vielfalt und Jugendschutz - zu gewährleisten. Mit
den Änderungsvorschlägen der Kommission sollten die
bisherigen Regulierungsbestimmungen an den technischen Fortschritt
und die kommerzielle Entwicklung angepasst werden. Reding
führte aus, man wolle dabei künftig zwischen linearen und
nichtlinearen Diensten unterscheiden. Bei den linearen handele es
sich um Dienste mit festem Sendeschema, bei denen der Zuschauer
keinen direkten Einfluss habe: Fernsehen, Internet, Mobilfunk.
Nichtlineare Dienste seien Fernseh- und Informationsangebote auf
Abruf, etwa Video-on-demand. Geplant sei, den Verbraucherschutz zu
stärken und auf eine strikte Trennung von Werbung und Programm
zu bestehen. Das Verbot der Schleichwerbung solle bestehen bleiben,
Produktplatzierungen nur unter bestimmten Vorraussetzungen - mit
Ausnahme bei Informationssendungen und Kinderprogrammen - erlaubt
sein. Zudem soll die stündliche Werbungsbeschränkung auf
zwölf Minuten erhalten bleiben, ebenso wie das Werbeverbot
für Zigaretten, Alkohol und Medikamente.Die CDU/CSU-Fraktion
begrüßte die Vorschläge zwar grundsätzlich,
befürchtete aber, dass im deutschen dualen System im Bereich
der Werbung "das Stützen der privaten Säule" zu
"Schwierigkeiten der öffentlich-rechtlichen Säule
führen konnte". Man müsse zudem darüber nachdenken,
ob es nicht günstiger sei, im Punkt der Flexibilisierung von
Vorschriften zur Werbung eher an der Stundenbegrenzung anzusetzen
als an der geplanten Verkürzung der werbefreien Zeit. "Wir
dürfen nicht zulassen, dass wir in die Situation geraten, dass
die Werbung durch das laufende Programm unterbrochen wird."
Einzelspots seien bei Sportübertragungen akzeptabel, nicht
aber "im fiktionalen Bereich". Auch die Liberalen
äußerten Kritik an den Vorschlägen der
EU-Kommissarin. Man habe Zweifel, ob das Maß an Regulierung
wirklich ausbalanciert sei. Bestimmte Eingriffe seien nicht
notwendig: Wenn sich etwa Fernsehsender dazu entschieden, 40
Prozent ihrer Sendezeit mit Werbung zu füllen, könnten
"die Zuschauer darüber selbst entscheiden", ob sie dies
annähmen. Die Entscheidung, Produktplatzierungen in einzelnen
Sendungen zuzulassen, sei schwierig: Bei bestimmten Sendungen, die
nicht ausschließlich als Kinderprogramm deklariert seien,
würden auch viele Jugendliche zusehen.Auch
Bündnisgrüne, SPD-Fraktion und Linke äußerten
sich kritisch. Man sehe in den Vorschlägen zur Liberalisierung
der Werbung die Gefahr, dass "die Trennung von Pogramm und Werbung
gefährdet wird", so die Linke. Die Fraktion Bündnis
90/Die Grünen betonte, die einstimmige Kritik im Ausschuss
beweise, dass es "in Deutschland bestimmte Wertvorstellungen gibt"
und das man "hier über eine lange Zeit sehr zufrieden mit dem
bestehenden System ist".
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