Berlin: (hib/BOB) Die Ziele des von der
Bundesregierung vorgelegten Entwurfs zur Reform des
Wohnungseigentumsgesetzes (
16/887) seien grundsätzlich zu
unterstützen, meinte die Mehrzahl der vom Rechtsausschuss zu
einer öffentlichen Anhörung am Montagnachmittag
eingeladenen Experten. Sie sahen aber - teilweise noch erheblichen
- Änderungsbedarf. Der gewählte Ansatz, so gab sich
Professor Eckhart Pick, ehemaliger Parlamentarischer
Staatssekretär im Bundesjustizministerium, überzeugt,
wahre in erster Linie die Interessen der Wohnungseigentümer
und stärke sie in ihrer Autonomie, sei zu begrüßen.
Sie dürften nicht zum Spielball der Profilierungssucht von
Rechtsprechung und außerhalb der Gemeinschaft liegenden
Interessen werden. Vor allem müsse auf ein ausgewogenes
Verhältnis von Verwalter und Wohnungseigentümer geachtet
werden. Der Verwalter sei nicht der "Präzeptor der
Gemeinschaft", sondern der von ihr Beschäftigte. Das letzte
Wort stehe eindeutig den Wohnungseigentümern zu. Jürgen
Schmidt-Räntsch, Richter am Bundesgerichtshof in Karlsruhe,
begrüßte, dass die Beschlussfassung über
Instandsetzungen innerhalb der Eigentümergemeinschaft
erleichtert werde. Die Möglichkeit der
Wohnungseigentümer, durch Mehrheit zu entscheiden und dabei
auch vom Gesetz abzuweichen, werde durch den Entwurf erweitert. Sie
bedeute aber auch, dass sich der Inhalt des Wohnungseigentums
außerhalb des Grundbuchs verändern kann, so
Schmidt-Räntsch weiter. Das wiederum führe vor allem bei
länger zurückliegenden Beschlüssen zu mangelnder
Transparenz. Hieraus werde sich nicht selten unnötiger Streit
unter den Wohnungseigentümern entwickeln.Der jetzt von der
Regierung vorgelegte Gesetzentwurf schaffe "verlässliche
Voraussetzungen", um frei von anhaltenden Unwägbarkeiten der
Rechtsprechung auch künftig in das Wohnungseigentum mit
überschaubarem und kalkulierbarem Risiko zu investieren. Der
Meinung war der Diplom-Volkswirt Volker Bielefeld aus
Düsseldorf. Sollte die Novellierung des
Wohnungseigentumsgesetzes sich dagegen weiter verzögern oder
sogar scheitern, könne potentiellen Interessenten der Erwerb
einer Eigentumswohnung wegen der rechtlichen und wirtschaftlichen
Risiken nicht mehr empfohlen werden. Die Regelung der Aufgaben und
Befugnisse des Wohnungseigentumsverwalters in der Neufassung des
Gesetzes ist nach Meinung von Wolfgang Gottschalg, ehemaliger
Vorsitzender Richter am Oberlandesgericht Düsseldorf,
grundsätzlich zu begrüßen. Sie sei klarer und
transparenter als die derzeitige Vorschrift und grenze die Rechte
und Pflichten im Innenverhältnis von den
Vertretungsbefugnissen gegenüber den Wohnungseigentümern
deutlich ab.Professor Stefan Hügel aus Weimar sprach in seiner
Stellungnahme dafür aus, Beschlüsse, die das
Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander in
Ergänzung oder Abweichung von Vorschriften dieses Gesetzes
oder einer Vereinbarung regelten, seien zur Wirksamkeit
gegenüber Rechtsnachfolgern unbedingt in das Grundbuch
einzutragen. Die Regierung sei mit ihrem Hinweis auf die Gefahr der
Überlastung des Grundbuchamtes, der Unübersichtlichkeit
des Grundbuches und der mit der Eintragung verbundenen Kosten nicht
überzeugend. Die vorgesehene Überführung des
Wohnungseigentumsrechts vom Verfahren der freiwilligen
Gerichtsbarkeit in die Regelung der Zivilprozessordnung
schränke die erforderliche Flexibilität des Verfahrens
und der Entscheidung des Richters ein. Diese Ansicht vertrat
Rüdiger Warnecke aus Elsdorf. Diese Flexibilität ist nach
Ansicht von gerade in Wohnungseigentumsangelegenheiten
erforderlich, um die notwendige gütliche Einigung zwischen den
beteiligten Parteien zu schaffen. Durch das Verfahren nach der
Zivilprozessordnung trete eine Verhärtung der Fronten
ein.Professor Wolf-Rüdiger Bub vom Evangelischen Siedlungswerk
in Deutschland aus Nürnberg sprach sich gegen gesetzgeberische
Eingriffe aus. Es dürfe nicht verkannt werden, so Bub, dass
sich diese im Ergebnis zu einem Verlust an Flexibilität
führe und "gerechtere" Einzelfalllösungen erschwerten.
Seine grundsätzlichen Bedenken gegen eine Änderung des
Wohnungseigentumsgesetzes bestünden deshalb nach wie vor und
seien keineswegs ausgeräumt.