Berlin: (hib/HAU) Die Folgen der von der
Bundesregierung vorgelegten Urheberrechtsnovelle (
16/1828) für den Bereich Bildung,
Wissenschaft und Kopienversand werden von Sachverständigen
unterschiedlich bewertet. Dies geht aus den schriftlichen
Stellungnahmen zu der öffentlichen Anhörung des
Rechtsausschusses hervor, die am heutigen Montag um 10 Uhr im Raum
4.900 des Paul-Löbe-Hauses begonnen hat.So fordert der VdS
Bildungsmedien e.V. als Vertreter von Bildungsmedienverlagen, die
Lehrwerke und Unterrichtsmaterialien herstellen, ein
grundsätzliches Verbot des Fotokopierens von Bildungsmedien
für den Unterrichtsgebrauch. Dies dürfe nur noch mit der
Einwilligung des Berechtigten erfolgen, da sich gezeigt habe, dass
aufgrund knapper Kassen nicht nur aktuelle Texte und Materialien
aus Zeitungen und Zeitschriften kopiert würden, sondern gerade
die für den Unterricht hergestellten Schulbücher und
Unterrichtsmaterialien. Angesichts der Millioneninvestitionen der
Bildungsverlage sei es nicht zu akzeptieren, dass diese Werke
für die einzig möglichen Abnehmer, die Schüler,
kopiert würden. Auch der Börsenverein des Deutschen
Buchhandels sieht die Gefahr, dass durch die vorgesehenen
Regelungen die Zahl der regulär erworbenen Schul- und
Lernmedien weiter sinkt. Neben den sich daraus ergebenden
wirtschaftlichen Problemen für die Verlage sei auch mit
zunehmenden Schwierigkeiten zu rechnen, geeignete Pädagogen
als Autoren für Schulbücher und Bildungsmedien zu
gewinnen. Das mit der Unterstützung durch öffentliche
Mittel erzeugte Wissen, so heißt es in der Stellungnahme des
Aktionsbündnisses Urheberrecht für Bildung und
Wissenschaft, müsse für die daraus nicht kommerziellen
Nutzen ziehende Öffentlichkeit und vor allem für Bildung
und Wissenschaft frei verfügbar sein. Der Gesetzentwurf der
Bundesregierung erfülle diesen Anspruch nicht. Es sei vielmehr
zu befürchten, dass die Kooperation von Wissenschaftlern
erschwert werde und die schon in letzter Zeit "dramatisch"
gestiegenen Kosten für die Bereitstellung und Nutzung
digitaler Informationsmaterialien für Bildung und Wissenschaft
weiterhin erheblich steigen würden. Professor Haimo Schack von
der Universität Kiel befürwortet die Intention der
Bundesregierung, an elektronischen Lesestationen in Bibliotheken
nur Werke aus dem Bestand der jeweiligen Einrichtung
zugänglich zu machen. Ebenso dürften nicht mehr Exemplare
eines Werkes gleichzeitig zugänglich gemacht werden, als der
Bestand der Einrichtung umfasse. Nur so lasse sich ein
schwerwiegender Eingriff in die Rechte der Verleger und Urheber
vermeiden, der immer weiter sinkende Auflagen und steigende Preise
zur Folge hätte. Auf "Selbstverpflichtungserklärungen"
der Bibliotheken dürfe man dabei nicht vertrauen. Aus Sicht
der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften wurde bei der
bisherigen Diskussion der Urheberrechtsreform außer Acht
gelassen, dass sich im Bereich des wissenschaftlichen
Publikationswesens nicht nur Urheber und Verlage
gegenüberstünden. Die Veröffentlichung von
Forschungsergebnissen werde vielmehr von
Wissenschaftsorganisationen veranlasst. Diese fördern mit dem
Einsatz öffentlicher Mittel nicht nur die Erarbeitung solcher
Ergebnisse, sondern auch deren Verbreitung in der
Öffentlichkeit. Ihre Stellung als Intermediäre zwischen
Autoren und Verlagen werde im bisherigen Verlauf der Reform nicht
angemessen berücksichtigt, wird kritisiert.