Berlin: (hib/BOB) Die Regelungen der
Telekommunikationsüberwachung in der Strafprozessordnung
sollen umfassend überarbeitet werden. Bündnis 90/Die
Grünen haben dazu einen Gesetzentwurf (
16/3827) vorgelegt. So will die Fraktion den
Katalog der Straftaten reduzieren. Grundsätzlich könne
eine Telefonüberwachung zur Aufklärung schwerer
Straftaten sowie organisierter und abgeschotteter Kriminalität
beitragen. Eingriffe in den absolut geschützten "Kernbereich
privater Lebensgestaltung" sollen jedoch verhindert und damit die
Menschenwürde gewahrt werden. Werden Gespräche ohne
persönliches Mithören automatisch aufgezeichnet, besehe
ein Beweisverwertungsverbot, soweit die Gespräche aus jenem
Kernbereich erfasst worden sind. Im Falle des persönlichen
Mithörens müsse das Abhören und Aufzeichnen
unverzüglich unterbrochen werden. Ein weiteres Element des
Gesetzentwurfs besteht darin, dass Journalisten, Rechtsanwälte
(soweit sie nicht als Strafverteidiger ohnehin geschützt
sind), Angehörige der ärztlichen Berufe sowie Mitarbeiter
von Drogenberatungsstellen Schutz vor Telefonüberwachung
genießen. Ferner werde der Schutz des
Zeugnisverweigerungsrechts von Berufsgeheimnisträgern und
Angehörigen entscheidend gestärkt. Dies geschehe durch
einschränkende Anordnungsvoraussetzungen, Beweiserhebungs-
sowie Beweisverwertungsverbote.Ferner schlägt der
Gesetzentwurf der Grünen eine Reihe von weiteren
Maßnahmen vor: Der Antrag der Staatsanwaltschaft auf
Telekommunikationsüberwachung und die Anordnung durch das
Gericht seien "konkret und einzelfallbezogen" zu begründen.
Die Anordnungen sollen nur noch von besonders qualifizierten
Richtern, die auf Lebenszeit eingestellt wurden, getroffen werden.
Die Überwachung des Telefons dürfe statt bisher drei nur
noch für zwei Monate angeordnet und nur für jeweils einen
Monat verlängert werden. Über die Verlängerung
über sechs Monate hinaus müsse ein Senat des
Oberlandesgerichts entscheiden. Den anordnenden Richtern seien die
Ergebnisse der Telekommunikationsüberwachung mitzuteilen. Die
von der Überwachung Betroffenen sollen früher als bisher
benachrichtigt werden. Dazu solle in regelmäßigen
Abständen ein Gericht prüfen, ob die Benachrichtigung
noch zurückgehalten werden darf. Wenn der Betroffene nach 18
Monaten immer noch nicht benachrichtigt worden ist, solle das
zuständige Oberlandesgericht nach einer Stellungnahme des
Datenschutzbeauftragten entscheiden.Die Grünen führen zur
Begründung an, die Anzahl der
Telefonüberwachungsmaßnahmen in Deutschland hätten
den grundgesetzlich vorgegebenen Rahmen gesprengt. Solche
Maßnahmen seien in den letzten zehn Jahren jährlich
stark angestiegen. Mittlerweile liege das Ausmaß weit
über dem Niveau vieler anderer demokratischer Staaten. Dabei
sei jede Telefonüberwachung ein tiefer Eingriff in das durch
das Grundgesetz geschützte Telekommunikationsgeheimnis. Eine
Studie des Max-Planck-Instituts habe den Umgang der Richter mit den
Anforderungen, die eine Erlaubnis zum Telefonmithören geben,
beanstandet. Sie Studie erhebe den Vorwurf, dass es an Transparenz,
Nachvollziehbarkeit und Kontrolle mangele, so die Fraktion.