Verfassungsrechtliche Bedenken bei der Gesundheitsreform
Rechtsausschuss - 17.01.2007
Berlin: (hib/BOB) Im mitberatenden
Rechtsausschuss sind am Mittwochvormittag - teilweise massive -
Bedenken geäußert worden, ob die gefundenen Regelungen
zur Gesundheitsreform einer Prüfung auf ihre
Verfassungsmäßigkeit standhalten. Ein Votum darüber
will der Ausschuss in der nächsten Woche abgeben.
Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD), ein
Staatssekretär aus dem Innenministerium und ein Vertreter des
Gesundheitsressorts äußerten gemeinsam die
Überzeugung, dass die Regelungen verfassungsfest sind. Der
Ausschussvorsitzende Andreas Schmidt (CDU/CSU) sagte zum Abschluss
der Diskussion, es gebe "kein Mikroskop, an dem man erkennen
könnte, ob eine Sache verfassungsgemäß ist oder
nicht".Vor allem entzündete sich die Diskussion an der Frage,
ob die Privatversicherungen (PKV) gezwungen werden könnten,
Personen ohne vorherige Krankheitsprüfung zum so genannten
Basistarif, der in etwa dem Höchstsatz einer gesetzlichen
Krankenversicherung entspricht, aufzunehmen. Insbesondere aus den
Reihen der CDU/CSU wurde dies unter Hinweis, dass die schon jetzt
privat Krankenversicherten Nachteile dadurch erleiden würden,
bezweifelt. Zypries meinte, höchstens 300.000 Personen
würden nach Berechnungen ihres Ministeriums den neuen Tarif in
Anspruch nehmen. Denen stünden mehrere Millionen
Privatversicherte gegenüber - die Belastungen für sie
dürften nach Zypries' Meinung relativ gering sein. Im
Übrigen rechne sie, indem die Frist für den Wechsel in
die PKV auf sechs Monate verkürzt wurde, mit einer
überschaubaren Zahl. Die Union erwiderte, für
Versicherte, die den Basistarif nicht mehr zahlen könnten, sei
vorgesehen, dass nur noch der halbe Beitragssatz bezahlt werden
müsse. Und wenn auch das nicht mehr gehe, würde der
Beitrag analog zum Sozialhilfesatz sich nur noch auf 125 Euro
belaufen. Hiervon seien die übrigen PKV-Versicherten
betroffen.Der Berichterstatter der Union problematisierte auch die
geplante Zuzahlung des Gesetzgebers für die mitversicherten
Kinder. Dieser Zuschuss würde in diesem Jahr 1,6 Milliarden
Euro betragen. Die Bundesregierung erwiderte auf die Frage, ob eine
Gleichbehandlung von Kindern in der PKV vorgesehen sei, die
Leistungen seien für versicherungsfremde Leistungen
vorgesehen, die von den privaten Versicherungsunternehmen nicht
mitgetragen würden. Als Beispiel nannte sie das
Mutterschaftsgeld, die beitragsfreie Versicherung während des
Erziehungsurlaubs und Leistungen rund um die Schwangerschaft. Auf
die Frage aus der SPD, welchen Zeitraum die Bundesregierung
für die weitere Entwicklung veranschlagt habe, antwortete der
Staatssekretär des BMI, er wolle da keine Prognose abgeben.
Die Bundesjustizministerin hatte zu Beginn der Diskussion betont,
es sei aus ihrer Sicht ein Gewinn, dass es nunmehr eine
Versicherungspflicht für alle Menschen in Deutschland geben
solle. Ziel des Gesetzgebers sei es, einen bezahlbaren
Versicherungsschutz für alle Bürgerinnen und Bürger
einzuführen.
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Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
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