Berlin: (hib/HAU) Die Schaffung einer
zentralen Eisenbahn-Sicherheitsbehörde auf Bundesebene ist
unter Experten umstritten. Das wurde anlässlich einer
öffentlichen Anhörung im Verkehrsausschuss am
Mittwochmittag deutlich. Grundlage des von der Bundesregierung
vorgelegten fünften Gesetzes zur Änderung
eisenbahnrechtlicher Vorschriften (
16/2703) ist eine Richtlinie der EU-Kommission,
in der die Schaffung eines zentralen staatlichen Ansprechpartners
gefordert wird. Umstritten ist, ob es den Ländern dennoch
weiterhin ermöglicht werden könne, Sicherheitsaufgaben,
etwa im Bereich der Regionalbahnen, selbst auszuüben.Michael
Clausecker vom Verband der Bahnindustrie in Deutschland
befürwortete die Schaffung einer einzigen zentralen
Sicherheitsbehörde. Diese solle sowohl für die Erteilung
von Sicherheitsbescheinigungen für
Eisenbahnverkehrsunternehmen, als auch für die Zulassung und
Inbetriebnahmegenehmigungen von Anlagen und Fahrzeugen
zuständig sein. Es sei nicht vorstellbar, so Clausecker, dass
sich Deutschland den Luxus 16 regionaler
Landeseisenbahnaufsichtsbehörden leiste, während die EU
eine zentrale Eisenbahnagentur einrichte. Martin Henke vom Verband
Deutscher Verkehrsunternehmen forderte hingegen, nichtbundeseigene
Eisenbahnen vor unnötigen bürokratischen Belastungen zu
schützen, indem man Regionalbahnen und Netze des
Regionalverkehrs vom Erfordernis einer Sicherheitsbescheinigung
ausnehme. Das föderale System bei der Eisenbahnsicherheit habe
sich bewährt und gewährleiste nicht zuletzt auch einen
funktionierenden Wettbewerb. Henke befürwortete den aktuell
diskutierten Kompromissvorschlag, nachdem die Länder selber
entscheiden sollten, ob sie eine eigene Behörde bräuchten
oder die Zuständigkeit für die Eisenbahnsicherheit dem
Bund übertragen wollten. Für die Beibehaltung der
Zuständigkeiten "vor Ort" plädierte Ulrich Koch von der
Elbe-Weser GmbH. Als regional tätiges Unternehmen
benötige man eine einheitliche umfassende Eisenbahnaufsicht
auf Länderebene. Dem stimmte Jürgen Werner von der
Verkehrsgesellschaft Osnabrück zu. Er betonte die gute
Zusammenarbeit mit der Landeseisenbahnbehörde Niedersachsen.
Nur bei engem Zusammenwirken vor Ort sei es möglich,
kostendeckend zu arbeiten und den Fortbestand der regionalen
Unternehmen langfristig zu sichern.Als "nicht verfassungskonform"
bezeichnete Professor Hans Jürgen Kühlwetter von der
Forschungsstelle für deutsches und internationales
Eisenbahnrecht die Verlagerung aller administrativen Befugnisse von
den Ländern zum Bund. Er widersprach auch der Ansicht, dass
die EU-Richtlinie eine zentrale Behörde fordere. Es gehe
lediglich darum, gegenüber der EU mit einer Stimme zu
sprechen. Auch Professor Michael Ronellenfitsch von der
Universität Tübingen sah eine flexible Umsetzung der
Richtlinie als sinnvoll an. Die Beibehaltung der
Länderaufsicht über die Regionalbahnen sei sowohl mit den
EU-Vorgaben vereinbar als auch verfassungsrechtlich unbedenklich.
Ministerialdirigent Dieter Wellner vom Bayrischen Staatsministerium
für Verkehr sprach sich für eine einheitliche
Sicherheitsbehörde des Bundes aus. Die föderale
Eisenbahnaufsicht in Deutschland sei durchaus reformbedürftig.
Allerdings dürfe man die bewährten Strukturen für
Regionalbahnen nicht ändern. Eine Zentralisierung hätte
für die dort tätigen Unternehmen zusätzliche
bürokratische Belastungen und sich daraus ergebende
Wettbewerbsnachteile zur Folge. Dies gelte es durch
Ausnahmeregelungen zu verhindern.
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