Berlin: (hib/MPI) Der Weg für die
Verabschiedung der Rente mit 67 am Freitag im Bundestag ist frei.
Der Ausschuss für Arbeit und Soziales beschloss am Mittwoch
mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der
Oppositionsfraktionen einen entsprechenden Gesetzentwurf (
16/3472,
16/3794) ohne Änderungen. Zugleich
befürwortete der Ausschuss den Gesetzentwurf zur "Initiative
50plus" von Schwarz-Rot (
16/4371,
16/3793). Für den geänderten Entwurf,
der die Jobchancen älterer Arbeitnehmer verbessern soll,
stimmten neben der Unions- und der SPD-Fraktion auch die Fraktion
Bündnis 90/Die Grünen. Die Fraktionen von FDP und Die
Linke lehnten die Vorlage ab. Keine Mehrheit fanden mehrere renten-
und beschäftigungspolitische Oppositionsanträge (
16/2747,
16/3815,
16/3812,
16/241,
16/3027,
16/3779). Die Liberalen scheiterten zudem mit
einem Entschließungsantrag für einen flexiblen
Rentenzugang ab dem 60. Lebensjahr und die Aufhebung der
Zuverdienstgrenzen beim Rentenbezug.Die Oppositionsfraktionen
kritisierten vor allem das Festhalten der Großen Koalition an
der so genannten 45er-Regel. Danach können diejenigen
Arbeitnehmer, die 45 Beitragsjahre aufweisen, auch weiterhin ohne
Abschläge mit 65 Jahren in Rente gehen. Während die Union
dies in der Ausschusssitzung als "Akt der Gerechtigkeit"
bezeichnete, bekräftigten FDP, Grüne und Die Linke die
auch in einer Anhörung von zahlreichen Experten vorgetragenen
verfassungs- und europarechtlichen Bedenken. Die Grünen
sprachen von einem "Etikettenschwindel", da von der 45er-Regel
nicht Arbeitnehmer in besonders belastenden Berufen, sondern
lediglich gut situierte Männer im öffentlichen Dienst
profitieren würden. Diskriminiert würden hingegen Frauen,
die in den seltensten Fällen auf 45 Beitragsjahre kämen.
Die Linke kennzeichnete die Regelung als "ganz große Menge
weiße Salbe", mit der die Koalition lediglich die Akzeptanz
für die Rente mit 67 erhöhen wolle. Die FDP
bemängelte, dass die 45er-Regel gegen den Grundsatz
verstoße, dass gleiche Beiträge zu gleichen
Ansprüchen führen müssen. Während die
Grünen die Rente mit 67 im Grundsatz befürworteten,
lehnten FDP und Die Linke diese als "verkappte Rentenkürzung"
ab. Die Linksparlamentarier betonten, das Ziel der
Beitragsstabilität werde mit dem Entwurf verfehlt. Die
Bundesregierung will mit der Rente mit 67 erreichen, dass der
Beitragssatz bis 2020 nicht über 20 Prozent steigt. Dazu soll
von 2012 an das Alter, mit dem Arbeitnehmer in Rente gehen
können, schrittweise angehoben werden. 2029 soll es bei 67
Jahren liegen.Die Bundesregierung wies die Kritik an der 45er-Regel
zurück. Für körperlich durch ihre Arbeit stark
belastete Arbeitnehmer wie etwa Bauarbeiter werde sich im
Übrigen nichts ändern, da die Erwerbsminderungsrente
unverändert bleibe, hieß es. Die Union unterstrich, dass
es zur Anhebung des Renteneintrittsalters aufgrund der
demografischen Entwicklung "keine Alternative" gebe. Es gelte nun,
die Trendumkehr bei der Beschäftigung von über
55-Jährigen zu verstärken. Die "Initiative 50plus" setze
dazu die richtigen Anreize. Während im Jahr 2000 nur 37
Prozent der 55- bis 65-Jährigen einen Job gehabt hätten,
wären es heute bereits rund 48 Prozent, so die Union. Die SPD
betonte, die "Initiative 50plus" mit Lohnkostenzuschüssen
für Ältere und besseren Weiterbildungsmöglichkeiten
sei richtig. Es sei aber darüber hinaus ein
Mentalitätswechsel in den Unternehmen notwendig. Es könne
nicht sein, dass 60 Prozent der Unternehmen keine
Beschäftigten über 60 Jahre hätten, so die
Sozialdemokraten.
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