Berlin: (hib/HAU) Experten
unterstützen die Absicht der Bundesregierung, einen
gesetzlichen Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens zu
schaffen. Das wurde während einer öffentlichen
Anhörung im Gesundheitsausschuss am späten
Mittwochnachmittag deutlich. Der dazu vorgelegte Gesetzentwurf der
Bundesregierung (
16/5049) wurde jedoch überwiegend als
"nicht weitgehend genug" bewertet. Insbesondere die
Möglichkeit der Schaffung von Raucherzimmern in Unternehmen
und der Gastronomie sowie die fehlenden Sanktionsmöglichkeiten
gegen Hausrechtsinhaber wurden kritisiert. Nach Ansicht des
Verfassungsrechtlers Matthias Rossi von der Humboldt
Universität Berlin hat der Bund mit dem Gesetz seine
Kompetenzen ausgeschöpft. Mit der Föderalismusreform habe
er die Regelungen zum Gaststättenrecht in die Hand der
Länder gelegt. Daher sei er nicht mehr in der Lage,
bundeseinheitliche Nichtraucherschutzregelungen in diesem Bereich
zu treffen. Die Länder ergänzten die Bundesregelungen
seiner Meinung nach aber sehr gut, sodass ein ausreichender
Nichtraucherschutz gewährleistet sei. Im Rahmen des
Arbeitsschutzgesetzes, so erklärte hingegen Professor Helmut
Siekmann von der Universität Frankfurt am Main, hätte der
Bund ein unbedingtes Rauchverbot auch in der Gastronomie
durchsetzen können. Dies wäre auch
verhältnismäßig, da es nicht einzusehen sei, warum
die Gesundheit eines Bankangestellten schützenswerter sei, als
die eines Arbeitnehmers in der Gastronomie. Für ein
konsequentes Rauchverbot ohne jede Ausnahmeregelung, auch in
gastronomischen Einrichtungen, sprachen sich neben dem "Forum
Rauchfrei" auch die Spitzenverbände der gesetzlichen
Krankenkassen sowie das "Deutsche Krebsforschungszentrum" aus. Dort
kritisierte man vor allem die Möglichkeit, Raucherräumen
zu schaffen. Die Idee des Schutzes vor dem Passivrauchen werde so
konterkariert. Die Deutsche Lungestiftung verwies auf die positiven
Folgen eines seit 2004 geltenden Gastronomie-Rauchverbotes in
Irland. Nach einem Jahr habe sich der Gesundheitszustand der
Angestellten in den dortigen Pubs erheblich verbessert. Gleiches
sei aus Norwegen bekannt. In Schottland habe man sogar schon nach
einem Monat positive Effekte festgestellt.Der Deutsche Beamtenbund
sprach sich dafür aus, Raucherzimmer einzurichten. Damit werde
der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt und
gleichzeitig ein Interessenausgleich zwischen Rauchern und
Nichtrauchern geschaffen. Der Bundesverband der Deutschen
Tabakwaren-Großhändler und Automatenaufsteller
unterstützt die vorgesehene Anhebung des Abgabealters für
Tabakwaren von 16 auf 18 Jahre im Rahmen der Änderung des
Jugendschutzgesetzes. Man benötige jedoch eine ausreichende
technisch und organisatorisch bedingte Übergangsfrist, die
nicht unter den im Entwurf vorgegeben 22 Monaten liege. Die
"Nichtraucherinitiative Deutschland" kritisierte die fehlenden
Sanktionsmöglichkeiten. Andere EU-Länder sähen nicht
nur eine Bestrafung des Rauchers bei Verstößen gegen das
Gesetz vor, sondern auch der Hausrechteinhaber, etwa der
Gaststättenbetreiber. Es handle sich bei derartigen
Verstößen nicht um Bagatelldelikte, sondern um
Körperverletzung, so die Nichtraucherinitiative. In der
jetzigen Fassung sei das Gesetz sinnlos. Benötigt würden
Bußgeldandrohungen nicht unter 100 Euro für den Raucher
und nicht unter 1000 Euro für den Hausrechteinhaber.
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Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
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