Berlin: (hib/VOM) Nach
viereinhalbstündiger Beratung hat der Finanzausschuss am
Mittwochmittag die gleichlautenden Gesetzentwürfe der
Koalitionsfraktionen (
16/4841) und der Bundesregierung (
16/5377) für das
Unternehmensteuerreformgesetz 2008 in geänderter Fassung
angenommen. Die Oppositionsfraktionen stimmten gegen die Reform.
Das Gesetz soll am kommenden Freitag vom Bundestag verabschiedet
werden.Die Koalitionsfraktionen hatten dem Ausschuss 41
Änderungsanträge vorgelegt, denen neben CDU/CSU und SPD
teilweise auch die Linksfraktion zustimmte. Die FDP enthielt sich
bei der Abstimmung über die Änderungen wie auch die
Bündnisgrünen, die allerdings in einigen Fällen auch
mit Nein votierten. Eine wesentliche Änderung, die zu
jährlichen Steuermindereinnahmen von 400 Millionen Euro
führt, ist die Aufnahme der Abschreibungen in die
Ausgangsgröße für den Abzug von Zinsaufwendungen im
Zuge der geplanten "Zinsschranke". Ziel der Zinsschranke ist es,
durch eine Beschränkung des Betriebskostenabzugs von Zinsen
steuerschädliche Gestaltungen von Konzernen zu verhindern, bei
denen konzernuntypische Fremdfinanzierungen dazu dienen, in
Deutschland den steuerpflichtigen Gewinn zu mindern. Damit werde
ein zusätzlicher Anreiz für Anlageinvestitionen
geschaffen, begründete die Koalition diese Änderung. FDP
und Grüne bedauerten, dass neben den Abschreibungen nicht
gleichzeitig auch die Aufwendungen für Forschung und
Entwicklung in die Bemessungsgrundlage aufgenommen wurden.Eine
weitere Änderung, die mit Mindereinnahmen von 160 Millionen
Euro verbunden ist, betrifft die Anhebung des möglichen
Sofortabzugs von Anschaffungs- oder Herstellungskosten bei so
genannten geringwertigen Wirtschaftsgütern von 100 Euro auf
150 Euro. In den Gesetzentwürfen war noch vorgesehen, die
jetzige Sofortabzugsgrenze von 410 Euro auf 100 Euro abzusenken.
Der geplante Investitionsabzugsbetrag für
mittelständische Unternehmen (Paragraph 7g des
Einkommensteuergesetzes), der die jetzige Ansparrücklage
ablöst, soll von Unternehmen mit einem Betriebsvermögen
von bis zu 235.000 Euro in Anspruch genommen werden können. Im
Gesetzentwurf lag das höchstzulässige
Betriebsvermögen noch bei 210.000 Euro. Ferner ist geplant,
geschäftsübliche Skonti und vergleichbare wirtschaftliche
Vorteile aus der Hinzurechnungsregelung zur Ermittlung der
Gewerbesteuerschuld herauszunehmen.Gegenfinanziert werden sollen
diese Mindereinnahmen vor allem mit einer Beschränkung der
Verlustverrechnung bei Veräußerungsgeschäften mit
Aktien im Zusammenhang mit der Abgeltungsteuer von pauschal 25
Prozent, die ab 2009 für Kapitalerträge und private
Veräußerungsgeschäfte angewendet wird. Verluste aus
privaten Veräußerungsgeschäften mit Aktien sollen
nun lediglich mit Gewinnen aus solchen
Veräußerungsgeschäften verrechnet werden
können. Nach dem Gesetzentwurf waren diese Verluste auch noch
mit Einkünften aus anderem Kapitalvermögen, etwa Zins-
oder Dividendeneinkünften, verrechenbar. Die Koalition erhofft
sich davon Mehreinnahmen von 450 Millionen Euro. Die Unionsfraktion
wertete die Reform als wichtiges Signal für Investoren, indem
die Unternehmensteuerbelastung für Kapitalgesellschaften von
derzeit knapp 39 Prozent auf unter 30 Prozent gesenkt wird. Die
Abgeltungssteuer werde den deutschen Kapitalmarkt stärken, das
Ziel, die Steuerausfälle durch die Reform insgesamt auf 5
Milliarden Euro jährlich zu begrenzen, sei erreicht worden.
Auch die SPD bezeichnete das Unternehmensteuerrecht als "in hohem
Maße wettbewerbsfähig". Die Kapitalausstattung und
Investitionsfähigkeit der Unternehmen werde gestärkt,
willkürliche Gewinn- und "merkwürdige"
Funktionsverlagerungen sollten durch die Reform eingedämmt
werden. Die Gewerbesteuer als "international nicht
gestaltungsanfällige" Steuer sei aufgewertet worden. Die
Abgeltungssteuer biete die Chance zur vollständigen Erfassung
von Kapitalerträgen.Für die FDP wird die Reform dagegen
ihren Ansprüchen nicht gerecht. Die Zinsschranke stelle eine
Abkehr vom objektiven Nettoprinzip dar und sei verfassungswidrig.
Die Abgeltungsteuer auf Kapitalerträge befürworte man
zwar, nicht jedoch die Einbeziehung privater
Veräußerungsgewinne, weil dadurch die Altersvorsorge
beeinträchtigt werde. Einzig der Absenkung des nominalen
Körperschaftsteuersatzes von 25 auf 15 Prozent stimmte die FDP
zu. Die Linke lehnte die Reform insgesamt ab, weil es keine
Notwendigkeit gebe, die Unternehmen mit Brutto 30 Milliarden Euro
zu entlasten. Die Abgeltungssteuer sei systematisch falsch und
widerspreche dem Prinzip der Besteuerung nach der
Leistungsfähigkeit. Die Steuerausfälle bezifferte die
Fraktion auf 10 bis 12 Milliarden Euro jährlich. Die
Grünen sagten, Gegenfinanzierungsmaßnahmen seien
schädlich für Investitionen und Innovationen. Aus Sicht
der Fraktion hätte es "bessere Alternativen" gegeben. Die
Auswirkungen der Abgeltungssteuer auf die Kapitalmärkte nannte
die Fraktion unkalkulierbar.
Herausgeber
Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
Verantwortlich: Uta Martensen
Redaktion: Dr. Bernard Bode, Götz Hausding, Michael Klein, Dr.
Susanne Kailitz, Dr. Volker Müller, Monika Pilath, Günter
Pursch, Annette Sach, Bernadette Schweda, Alexander Weinlein,
Siegfried F. Wolf