Bundesregierung: Verfassungsvertrag wird nicht mehr eins zu
eins vorgelegt
Ausschuss für die Angelegenheiten der
Europäischen Union - 20.06.2007
Berlin: (hib/AS) Zwei Tage vor der Sitzung
des Europäischen Rates hat sich Bundesaußenminister
Frank-Walter Steinmeier zuversichtlich über den Ausgang des
Gipfels geäußert. "Ich glaube, dass es doch noch eine
gute Chance gibt, zu einem Ergebnis zu kommen", erklärte er am
Mittwoch im Europaausschuss des Bundestages. Gleichzeitig
räumte er jedoch ein, dass den Parlamenten nicht derselbe
Vertrag eins zu eins vorgelegt werden könne. Es werde eine
Reihe von Änderungen geben. Gleichzeitig machte er jedoch
deutlich: "Unser Ehrgeiz ist es, keine der substanziellen Fragen
auf die Regierungskonferenz zu verschieben." Nur so könne
sichergestellt werden, dass es zu den Europawahlen 2009 eine neue
Grundlage gebe.Als mögliche Kompromisslinien bei den
Beratungen nannte er unter anderem neben einem Verzicht auf das
Konzept einer Verfassung auch mögliche Vertragsänderungen
bei der Frage der Symbole wie einer europäischen Fahne oder
einer gemeinsamen Hymne. Wie bereits Bundeskanzlerin Angela Merkel
bei ihrer Regierungserklärung am 14. Juni erklärte auch
Steinmeier, dass es ein "Zurückschalten auf den Modus des
Änderungsvertrages" geben werde. Weitere Fragen seien die
Rechtsverbindlichkeit des Grundrechtevertrages, die Frage der
Stimmengewichtung und die Integration der Kopenhagener Kriterien.
Steinmeier berichtete den Abgeordneten, dass zur Vorbereitung des
Gipfels mehr als 100 Gespräche mit allen EU-Mitgliedstaaten
geführt worden seien. "Das Endspiel ist angepfiffen. Wir
müssen zum Ende des Spiels die Ergebnisse erzielen, die wir
vor Augen haben", sagte der Minister. Alle Fraktionen, mit Ausnahme
der Fraktion die Linke, dankten dem Bundesaußenminister
für die Einbindung des Parlaments in den vergangenen Monaten.
"Die Informationspraxis war sehr gut und ausreichend",
erklärte der Vertreter der CDU und sagte, er sei
zuversichtlich, dass man bei den Gesprächen vorankomme. Auch
die SPD lobte die Zusammenarbeit und hob hervor: "Wir haben es
geschafft, dass es eine Parlamentarisierung der Europapolitik
gegeben hat." Gleichzeitig sprach die Fraktion aber auch
hinsichtlich des Verfassungsvertrages von einer Reihe
"schmerzhafter Zugeständnisse" und wiederholte ihre Forderung,
dass die Rechtsverbindlichkeit der Grundrechtecharta ein
wesentlicher Bestandteil des Vertrages bleiben müsse. Für
die FDP unterstrich ihr Vertreter nochmals den Vorrang des
EU-Rechts und begrüßte, dass die Grundrechtecharta nicht
zur Ausweitung von Zuständigkeiten führen dürfe. Die
Fraktion Die Linke wies darauf hin, dass eine Militarisierung der
Außenpolitik durch den Verfassungsvertrag festgeschrieben
werden solle. Ihr Vertreter forderte, bei einer
Vertragsveränderung diese Tendenz in der Außenpolitik
aufzugeben. Bündnis 90/Die Grünen äußerten
sich kritisch zu der Tatsache, dass in einem neuen
Verfassungsvertrag die Symbole aufgegeben werden könnten.
"Wenn man Menschen mitnehmen will, braucht man auch Symbole", sagte
ihr Vertreter. Er wies jedoch darauf hin, dass "die Anerkennung der
europäischen Symbole viel stärker verhaftet ist, als es
die Kritiker wahrhaben wollen."
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