Berlin: (hib/VOM) Die Bundesregierung
sieht "mit Sorge", wie sich das europäische Vergaberecht auf
innerstaatliche Organisationsentscheidungen, vor allem auch auf
Kooperationen zwischen Kommunen, auswirkt. Wie es in ihrer Antwort
(
16/6112) auf eine Kleine Anfrage der
FDP-Fraktion (
16/5990) heißt, sei die Entwicklung aber
noch Fluss. Nachdem sich das europäische Vergaberecht auf
nahezu alle innerstaatlichen Kooperationsformen ausgedehnt habe,
werde es nun differenzierter betrachtet. Beispielsweise habe das
Oberlandesgericht Düsseldorf die Anwendung des
europäischen Vergaberechts auf die Bildung von
Zweckverbänden abgelehnt. Auch seien die zuständigen
Dienststellen der EU-Kommission offenbar inzwischen der Auffassung,
dass die Kooperationen zwischen Kommunen, die darauf abzielen,
Aufgaben vollständig von einer Kommune auf die andere Kommune
zu übertragen, nicht dem europäischen Vergaberecht
unterliegen. Die Regierung unterstreicht ihre Auffassung, dass
innerstaatliche Organisationsentscheidungen grundsätzlich
nicht dem europäischen Vergaberecht unterliegen, weil die EU
dafür nicht zuständig sei. Dies gelte auch für alle
Formen der kommunalen Zusammenarbeit. Dabei spiele es keine Rolle,
ob es sich um die Bildung eines Zweckverbandes oder um andere
Zweckvereinbarungen handele. Alle diese Fälle seien Ausdruck
der in Deutschland grundgesetzlich geschützten kommunalen
Selbstverwaltung. Der Europäische Gerichtshof habe aber auch
entschieden, dass das europäische Vergaberecht zwingend
angewendet werden muss, wenn Private an einem öffentlichen
Auftragnehmer beteiligt sind. Die Bundesregierung hält dies im
Hinblick auf die weitere Entwicklung öffentlich-privater
Partnerschaften für zu weitgehend. Ihrer Ansicht nach sollte
eine gewisse Minderheitsbeteiligung Privater, etwa bis zu 20
Prozent der Stimmrechte, für den Abschluss eines solchen
"Inhouse"-Geschäfts nicht unter das EU-Vergaberecht
fallen.Wichtiger als die Höhe der Beteiligung sei allerdings,
dass die beauftragte staatliche Einheit keine oder nur in
unwesentlichem Umfang Geschäfte am allgemeinen Markt macht.
Hauptsächlich durch dieses Erfordernis und nicht durch die
Beschränkung der Kapitalbeteiligung werde verhindert, dass
öffentliche Unternehmen privaten Betrieben ungerechtfertigt
Konkurrenz machen. Die restriktive Auslegung von
"Inhouse"-Geschäften durch den Europäischen Gerichtshof
und vor allem das umfassende Verbot privater Beteiligungen habe
öffentlich-private Partnerschaften erheblich erschwert,
schreibt die Regierung weiter. Letztlich sei ein Trend
ausgelöst worden, vormals gemischtwirtschaftliche Unternehmen
wieder zu "rekommunalisieren". Damit gehe der öffentlichen
Hand privates Kapital und Know-how verloren.
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Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
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