Berlin: (hib/SUK) Nach 15 Jahren, in denen
die Stasi-Unterlagenbehörde Menschen Einsicht in ihre
Stasi-Akten gewährt, ist das Interesse ungebrochen: Bis Ende
April dieses Jahres gingen monatlich mehr als 7.000 Anträge
auf Akteneinsicht ein, davon etwa 5.300 Erst- und 1.800
Wiederholungsanträge, wie die Bundesregierung in einer
Unterrichtung zum achten Tätigkeitsbereicht der
Bundesbeauftragten für die Unterlagen des
Staatssicherheitsdienstes (
16/5800) mitteilt. Seit Inkrafttreten des
Stasi-Unterlagengesetzes hätten etwa 1,6 Millionen Menschen
einen Antrag auf Akteneinsicht gestellt; einschließlich der
Anträge auf Entschlüsselung von Decknamen und
Kopienherausgabe seien rund 2,4 Millionen Aufträge bei der
Behörde eingegangen. Die siebte Novelle des
Stasi-Unterlagengesetzes, die im Dezember 2006 beschlossen wurde,
sei ein "großer Schritt nach vorn" gewesen. Damit sei der
Zugang zu den Akten für Forscher erheblich erleichtert worden.
Insgesamt hätten im Haushaltsjahr 2006 die Ausgaben der
Behörde bei 88,5 Millionen Euro gelegen, 86 Prozent davon
seien Personalausgaben und knapp 4,3 Prozent Ausgaben für
Investitionen gewesen. Der Haushaltsplan 2007 sehe ein Volumen von
102,6 Millionen Euro vor.In der Unterrichtung nimmt die Regierung
auch Bezug auf die Diskussionen der vergangenen Monate. Als Ende
2006 bekannt geworden sei, dass "über die bisher bekannten
Fälle hinaus" eine Anzahl ehemaliger hauptamtlicher
Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS)
beschäftigt ist, sei die "Frage nach der Glaubwürdigkeit
der Behörde" gestellt worden. Allerdings seien
Personalentscheidungen, die Anfang der 1990er-Jahre getroffen
worden seien, "nachträglich nicht zu korrigieren", zudem
bestehe "kein aktueller Anlass, an der Loyalität der
Mitarbeiter zu zweifeln". Festzustellen, dass auch eine Institution
wie die Stasi-Unterlagenbehörde nicht davor gefeit sei,
"unangenehme und schmerzhafte Auseinandersetzungen jahrelang zu
vermeiden", sei eine "bittere Lektion" gewesen.Angesprochen wird
auch die Diskussion um die "Neuordnung der Aufarbeitungslandschaft"
mit den Forderungen nach einer Überführung der MfS-Akten
in das allgemeine Archivwesen. Dabei werde übersehen, dass die
besonderen praktischen, politischen und verfassungsrechtlichen
Probleme, die mit der Nutzung der Unterlagen verbunden sein, "nicht
durch eine Zuordnung zum Bundesarchiv aus der Welt geschafft werden
können". Die Anwendung allgemeinen Archivrechts und
Herausgabepraxis herkömmlicher Archive käme auf absehbare
Zeit aus rechtlichen Gründen "nicht in Betracht". Bei den
Vorschlägen der Sabrow-Kommission - die im Mai 2006 unter
anderem die Schaffung eines Geschichtsverbundes zur SED-Diktatur
vorgeschlagen hatte, dem die Stasi-Unterlagenbehörde
zugeordnet werden solle - sei es nicht "nicht immer nur Argumente
in der Sache", sondern auch um die "Konkurrenz von Institutionen"
gegangen. Dennoch sei ein in der Debatte klar geworden, dass die
Aufarbeitung der beiden deutschen Diktaturen breite politische
Unterstützung finde.
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Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
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