Berlin: (hib/BOB) Bei der Bekämpfung
des Terrorismus und der organisierten Kriminalität soll
kooperationsbereiten Tätern einen Anreiz geboten werden, Hilfe
zur Aufklärung und Verhinderung von Straftaten zu leisten. Ein
von der Bundesregierung vorgelegter Gesetzentwurf (
16/6268) sieht dafür eine niedrigere
Strafe und in bestimmten Fällen ein Absehen von Strafe vor.
Der zu einer Aussage bereite Täter muss mindestens eine
mittelschwere Straftat (wie zum Beispiel Teilnahme an einem
bewaffneten Bankraub) begangen haben. Um Missbrauch vorzubeugen,
insbesondere die Nachprüfung der Angaben des Kronzeugen auf
ihren Wahrheitsgehalt zu erleichtern, seien Strafmilderung und
Absehen von Strafe ausgeschlossen, wenn er sein Wissen erst
offenbare, nachdem die Eröffnung der Hauptverfahrens gegen ihn
beschlossen worden ist. Das Gericht unterliegt nach den
Regierungsplänen ferner der Einschränkung, dass es - wenn
"lebenslänglich" die angedrohte Freiheitsstrafe ist (wie etwa
bei Mord) - verpflichtet ist, den Angeklagten zu mindestens zehn
Jahre Freiheitsstrafe zu verurteilen.Der Regierung begründet
ihre Initiative damit, mit von außen wirkenden Ermittlungen
gelinge es vielfach nicht, in die abgeschotteten Strukturen
einzudringen und die zur Aufklärung und Verhinderung schwerer
Straftaten erforderlichen Erkenntnisse zu gewinnen. Die Ermittler
seien daher vor allem auf die Hinweise von selbst ins kriminelle
Milieu verstrickten Personen angewiesen. Diese verfügten
über wertvolle Informationen zu Strukturen und
Hintermännern. Der Entwurf unterscheide von der 1999
abgeschafften Kronzeugenregelung insofern, als dieser auf Bildung
krimineller und terroristischer Vereinigungen und damit
zusammenhängende Taten beschränkt war. Diese Begrenzung
sei von der Praxis "aus nachvollziehbaren Gründen" als zu
restriktiv empfunden worden. Der vorliegende Entwurf wolle daher in
breiterem Umfang als bisher Anreize für Aufklärungs- und
Präventionshilfe schaffen. So solle das Eindringen in
abgeschottete Strukturen erleichtert werden. Der Bundesrat hat die
Regierung aufgefordert, im weiteren Verlauf des
Gesetzgebungsverfahrens zu prüfen, die Kronzeugenregelung auf
Taten zu beschränken, die im Zusammenhang mit Terrorismus und
der organisierten Kriminalität stehen. Nach den Vorstellungen
der Länderkammer sollten begangene Taten allenfalls um
erhebliche Kriminalität erweitert werden, bei denen wegen der
typischen Abschottung nach außen Erkenntnisse durch die
Kronzeugenregelung zu gewinnen sind. So werde beispielsweise der
schwere sexuelle Missbrauch von Kindern in aller Regel nicht im
Rahmen krimineller Strukturen begangen, in die mittels
Kronzeugenregelung eingedrungen werden müsste. Vor allem sei
bedenklich und "nahezu unvertretbar", die Kronzeugenregelung
für Täter aus dem gesamten Spektrum der Kriminalität
zu öffnen, indem allein an einer im Mindestmaß
erhöhe Freiheitsstrafe angeknüpft werde.Der
Bundesregierung entgegnet, der Katalog von Straftaten, die für
eine Absenkung der zu verbüßenden Freiheitsstrafe in
Frage kämen, sei "hinreichend eng umschrieben". Die
Prüfbitte der Länderkammer enthalte auch keinen konkreten
Gegenvorschlag, sondern nenne als einziges Beispiel für den
angeblich zu weiten Katalog von Straftaten lediglich den schweren
sexuellen Missbrauch von Kindern. Dieser komme für eine
Streichung schon deshalb nicht in Frage, weil er oft in
abgeschotteten Strukturen begangen werde.
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Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
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