Berlin: (hib/BOB) Die Bundesregierung
plant eine Reform des familiengerichtlichen Verfahrens. Dazu hat
sie einen Gesetzentwurf (
16/6308) vorgelegt. Sämtliche
Streitigkeiten über Trennung und Scheidung sollen künftig
von einem so genannten Großen Familiengericht verhandelt
werden. Beispielsweise sollen Verfahren zur Pflegschaft für
Minderjährige oder die Adoption oder Schutz vor Gewalt,
für die bislang das Vormundschaftsgericht bzw. das
Zivilgericht zuständig ist, Sache des Familiengerichtes
werden. Unter anderem sei im Interesse des Kindes vorgesehen, dass
ein früherer erster Termin (einen Monate nach Eingang der
Antragsschrift) und eine ausdrückliche Frist, bis wann ein
Sachverständigengutachten vorzuliegen hat, gesetzlich geregelt
werden.Das Gesetz definiert außerdem, wer
Verfahrensbeteiligter sei und welche Rechte damit verbunden seien,
die Verfahrensgarantien der Beteiligten werden erstmals
ausdrücklich geregelt. Die Regierung schreibt, einvernehmliche
Konfliktlösungen zwischen den Beteiligten würden
gefördert und auf eine klare Rechtsgrundlage gestellt. Die im
Moment geltende Rechtsordnung, so die Regierung, könne dazu
führen, dass in ihrer Rechten betroffenen Personen am
Verfahren nicht oder nicht rechtzeitig beteiligt würden.
Ferner soll anstelle des Vormundschaftsgerichts künftig das
Familiengericht für Adoptionssachen zuständig sein. Die
Regierung begründet ihr Vorhaben damit, das bisherige Recht
sei den betroffenen Bürgern kaum vermittelbar. Auch die
professionellen Rechtsanwender hätten oft Probleme. Das neue
Gesetz solle deshalb das familiengerichtliche Verfahren und das
Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit in einem Gesetz
zusammenfassen - als eine neue, gemeinsame Verfahrensordnung.Der
Bundesrat verlangt unter anderem, dass er über das Gesetz
mitentscheiden darf. Die Bundesregierung verneint dies. Ferner, so
argumentiert die Länderkammer, fehle es an einer konkreten
Erfassung der tatsächlichen Be- und Entlastungen der
öffentlichen Haushalte. Die finanziellen Auswirkungen auf die
Länder könne nicht nachvollzogen und beurteilt werden.
Die Bundesregierung werde daher aufgefordert, dies nachzuholen. Die
Länder sähen die finanziellen Risiken des Gesetzentwurfes
"mit äußerster Sorge". Die Bundesregierung erwidert,
insbesondere die Abschaffung der weiteren Beschwerden und die
Verbesserung der Einnahmestruktur in den Familiensachen der
freiwilligen Gerichtsbarkeit führten zu einer Entlastung der
Länderhaushalte. Hierdurch werde nach ihrer Auffassung die
Kosten verursachenden Maßnahmen des Entwurfs gegenfinanziert.
Die Regierung sei aber bereit, im weiteren Verfahren insbesondere
im Bereich des Verfahrensbeistandes (der zur Wahrung der Interessen
des betroffenen Kindes bestellt wird) und der Prozesskostenhilfe
weitere Maßnahmen zur Kostendämpfung zu
prüfen.
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