Berlin: (hib/VOM) Die Bundesregierung wird sich nach eigenen Angaben auch künftig dafür einsetzen, dass die Europäische Union eine "ausgewogene Haltung" einnimmt, wenn es um die Nutzung von Zwangslizenzen geht. Darauf verweist sie in ihrer Antwort ( 16/6657) auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion ( 16/6504). Hintergrund ist aus Sicht der Fraktion, dass Thailand seit dem vergangenen November unter Berufung auf das Abkommen der Welthandelsorganisation zum Schutz geistigen Eigentums (Trips) Zwangslizenzen für zwei HIV/Aids-Medikamente und für ein Herz-Kreislauf-Medikament erlassen hat. Diese Zwangslizenzen berechtigen das Land Generika dieser Medikamente für den Eigenbedarf herzustellen, oder aus einem anderen Land zu importieren, erläutern die Abgeordneten in ihrer Anfrage.
Auf die Frage, ob das Vorgehen der thailändischen Regierung im Einklang mit den Flexibilitäten zum Schutz der Gesundheitsvorsorge des Trips-Abkommens steht, erklärt die Regierung, sie bekenne sich zu diesen Flexibilitäten für Entwicklungsländer. Das Abkommen erlaube unter genau geregelten Bedingungen die Erteilung von Zwangslizenzen, beinhalte aber abgesehen von besonders dringenden Fällen auch die Verpflichtung, zuvor mit den betroffenen Rechteinhabern zu verhandeln. Die thailändische Regierung stehe mit diesen im "unmittelbaren Kontakt".
Die Bundesregierung hält die Vergabe von Zwangslizenzen unter Einhaltung der Trips-Regeln für zulässig, um Ländern in Notsituationen den Zugang zu lebenswichtigen Medikamenten zu ermöglichen, wenn mit den Patentinhabern keine Einigung erzielt werden kann. Die Bedeutung von Zwangslizenzen als potenzielles Instrument einer Gesamtstrategie zur Gesundheitsvorsorge eines Entwicklungslandes werde derzeit in der Welthandelsorganisation erörtert. EU-Kommissar Peter Mandelson habe den thailändischen Handelsminister auf mögliche negative Auswirkungen auf Thailand als Investitionsstandort für die Pharmaindustrie hingewiesen, wenn Zwangslizenzen "ausufernd" erteilt würden. Er habe die thailändische Regierung gebeten, Alternativen zu prüfen und einen konstruktiven Dialog mit den Rechteinhabern zu führen. Form und Inhalt des Vorgehens der EU-Kommission seien mit der Bundesregierung nicht abgestimmt gewesen, da die Kommission eigenverantwortlich gehandelt habe.
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