Berlin: (hib/VOM) Ob die
Koalitionsfraktionen eine Stichtagsregelung für die
Steuerfreiheit von Veräußerungsgewinnen bei bestimmten
Finanzprodukten in das Jahressteuergesetz 2008 (
16/6290,
16/6739) aufnehmen will, wird sich in den
nächsten Tagen entscheiden. Die CDU/CSU-Fraktion verwies am
Mittwochvormittag in der Sitzung des Finanzausschusses auf einen
entsprechenden Prüfauftrag des Bundesrates. Mit
Einführung der Abgeltungsteuer von 25 Prozent auf
Kapitaleinkünfte zum 1. Januar 2009 endet grundsätzlich
die Steuerfreiheit von Veräußerungsgewinnen aus
Wertpapierverkäufen. Dies gilt nach jetziger Rechtslage nicht,
wenn die Aktien oder Fondsanteile vor dem 1. Januar 2009 erworben
wurden. Der Finanzausschuss will die Beratung des
Jahressteuergesetzes am Mittwoch, 7. November, abschließen,
die zweite und dritte Lesung sind für den 9. November
vorgesehen. Die Koalitionsfraktionen kündigten eine Reihe von
Änderungsanträgen an. Die Opposition machte im
Finanzausschuss deutlich, sie behalte sich vor, eine weitere
Sachverständigen-Anhörung zu beantragen, falls die
Koalition neue Tatbestände in das Gesetz aufnehmen wolle. Dem
hielten Vertreter der Koalitionsfraktionen entgegen, dass dies
nicht der Fall sein werde. Die beabsichtigten Änderungen
beträfen entweder den ursprünglichen Entwurf der
Bundesregierung, die Änderungsvorschläge des Bundesrates
oder seien thematisch in der öffentlichen Anhörung des
Finanzausschusses zu dem Gesetzentwurf bereits angesprochen
worden.Die Unionsfraktion kündigte an, dass das geplante
optionale Anteilsverfahren beim Lohnsteuerabzug wohl nicht
durchsetzbar sein werde. Dies hätten die Äußerungen
der Sachverständigen in der Anhörung ergeben. Vorgesehen
ist, für Ehepaare einen Lohnsteuerabzug anzubieten, der den
jeweiligen Anteilen der beiden Ehepartner am gemeinsamen
Arbeitseinkommen entspricht, um vor allem berufstätigen
Ehefrauen eine Alternative zum hohen Lohnsteuerabzug bei
Steuerklasse V anzubieten. Überlegt werde nun, auf ein
Durchschnittssteuersatzverfahren überzugehen, bei dem sich der
Lohnsteuerabzug an den jeweiligen Einkünften des Vorjahres
orientiert. Ein solches Verfahren hat auch die FDP in ihrem Antrag
(
16/6396) vorgeschlagen, dem die Koalition aber
nicht folgen will, weil die Liberalen damit auch die Steuerklasse V
abschaffen wollen, was die Koalition nicht beabsichtigt. Wie beim
Anteilsverfahren gebe es aber auch beim
Durchschnittssteuersatzverfahren Probleme im Zusammenhang mit dem
Datenschutz zu lösen. Die Union betonte in diesem
Zusammenhang, sie wolle am Ehegattensplitting weiterhin festhalten.
Die Linksfraktion hielt dem entgegen, das Bundesverfassungsgericht
betrachte das Ehegattensplitting nicht als "Nonplusultra". Sie
empfahl, ebenso wie Bündnis 90/Die Grünen, zu einer
individuellen Besteuerung von Ehepaaren überzugehen und frei
werdende Mittel dazu zu verwenden, das Kindergeld anzuheben. Die
Grünen schlugen vor, bei einer Individualbesteuerung das
Existenzminimum auf den Partner oder die Partnerin zu
übertragen, um so einen Belastungsausgleich herzustellen.Die
Koalition unterstrich im Übrigen, die Einschränkung der
Entfernungspauschale für Fahrten von der Wohnung zum
Arbeitsplatz und die Einführung des so genannten
Werktorprinzips sei richtig. Bevor das Bundesverfassungsgericht in
dieser Frage nicht entschieden habe, gebe es keinen
Handlungsbedarf. Dagegen erklärte die FDP die
Beschränkungen für "eindeutig verfassungswidrig", und die
Linksfraktion empfahl, nicht auf das Bundesverfassungsgericht zu
warten. Es gebe hier eine große Unruhe in der
Bevölkerung. Auch die Grünen nannten die Einführung
der 20-Kilometer-Grenze für die Anerkennung der Fahrten als
Werbungskosten "beliebig". Die Absicht der Regierung, die
Steuerbescheide unter Vorbehalt zu stellen und auf eine
Entscheidung der Verfassungsrichter zu warten, sei problematisch.
Damit werde das Vertrauen der Bürger in die Steuergesetzgebung
ausgehöhlt. Zur geplanten Verschärfung der Abgabenordnung
zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen sagte
die FDP, sie befürchte Nachteile für den
Unternehmensstandort aufgrund einer nicht verfassungskonformen
Regelung mit unbestimmten Rechtsbegriffen. Der Finanzausschuss hat
überdies die erste Lesung des Regierungsentwurfs zur
Modernisierung der Rahmenbedingungen für Kapitalbeteiligungen
(
16/6311,
16/6648) auf Antrag der Unionsfraktion vertagt.
Die Union begründete dies mit den negativen Bewertungen der
Sachverständigen in der Anhörung zu dem Gesetzentwurf am
vergangenen Montag.
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