Bei Budgethilfen den Einfluss der Parlamente stärken
Ausschuss für wirtschaftliche Entwicklung
und Zusammenarbeit (Anhörung) - 07.11.2007
Berlin: (hib/KOS) Direkte, nicht
zweckgebundene Geldtransfers zur Finanzierung der Haushalte vor
allem afrikanischer Länder können ein sinnvolles Mittel
der Entwicklungshilfe und nicht zuletzt der Armutsbekämpfung
sein, wenn diese Unterstützung an innere Reformen, an die
Aufwertung der Parlamente und an die Stärkung der
Wirtschaftskraft in den Empfängerstaaten gebunden ist. Zum
Auftakt einer Anhörung des Ausschusses für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung über Chancen
und Risiken dieser Budgethilfe forderten am Mittwoch mehrere
Sachverständige die Bundesregierung, die EU-Kommission und die
Weltbank auf, als Geberkonsortien in den Nehmerländern in
diesem Sinne vermehrt Einfluss zu nehmen. Auf diese Weise
könnten die Gefahren direkter Transfers wie beispielsweise
Zweckentfremdung von Geldern, Korruption, Klientelwirtschaft oder
die Festigung autoritärer Machstrukturen minimiert werden. Aus
Sicht Peter Molts steht bei den Gebern hinter der Budgethilfe im
Kern oft das Motiv, über eine solche Unterstützung
fragile Nationen zu stabilisieren und eine politische wie
fiskalische Kontrolle auszuüben. Auf diesem Wege wolle man
etwa auch einen Beitrag zur Bekämpfung von Terrorismus oder
Drogenkriminalität leisten, so der Trierer Politik-Professor.
Molt sieht das Risiko, dass direkte Etathilfen in den Nehmerstaaten
den "bürokratischen Zentralismus" fördern, die Position
der jeweiligen Eliten sichern und so die innere Demokratisierung
dieser Länder behindern. In der Regel seien nur die
Regierungen in die Verhandlungen mit den Gebern einbezogen, die
Parlamente würden hingegen vor vollendete Tatsachen gestellt.
Der Wissenschaftler hob Ghana als einzige afrikanische
Empfängernation hervor, in der die Volksvertretung etwa
über Anhörungen bei den Modalitäten der Budgethilfe
mitbestimmen könne. Molt forderte die Bundesregierung auf,
ihren Einfluss auf die praktische Umsetzung dieser Form der
Entwicklungshilfe auszubauen und dies nicht allein der Weltbank und
der EU-Kommission zu überlassen.Walter Eberlei kritisierte
besonders die Undurchschaubarkeit der EU-Politik auf diesem Feld
der Entwicklungshilfe. Für den Professor an der Fachhochschule
Düsseldorf kommt es vor allem darauf an, im Zusammenhang mit
der Gewährung von Budgethilfen in den betreffenden
Ländern "entwicklungsorientierte Koalitionen" mit
ausgewählten Kräften aus dem Regierungslager, dem
Parlament und der Zivilgesellschaft zu schmieden. Parlamente seien
in Afrika oft schwache Institutionen, in denen
Pfründenwirtschaft eine nicht unerhebliche Rolle spiele. Auch
sei das zivilgesellschaftliche Element meist noch nicht gefestigt.
Wolle man Parlamente und Zivilgesellschaft tatsächlich in die
Entscheidungen zu Budgethilfen mit einbeziehen, so lassen sich aus
Sicht Eberleis die Vergabekriterien für direkte Geldtransfers
ohne weiteres entsprechend ausgestalten.Für Stefan Leiderer
vom Deutschen Institut für Entwicklungshilfe kann die
Budgethilfe dann ein effizientes Instrument zur
Armutsbekämpfung sein, wenn dieses Mittel im Rahmen eines
konstruktiven "Politikdialogs" zwischen Gebern und Nehmern
verantwortungsvoll und adäquat eingesetzt werde. In den
Empfängerstaaten müsse diese Finanzpolitik für die
Medien und die politische Öffentlichkeit transparent gemacht
werden. Ein gewisses Problem sieht Leiderer in der
Rechenschaftspflicht der betreffenden Regierungen gegenüber
den Gebern: Deren auf diese Weise ausgeübter Einfluss
schmälere die Mitbestimmungsrechte der Parlamente in den
Nehmerländern. Letztlich sei die Budgethilfe "alternativlos",
so Professor Molt.
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