Berlin: (hib/VOM) Der Finanzausschuss hat
am Mittwochmittag den Entwurf der Bundesregierung für ein
Jahressteuergesetz 2008 (
16/6290,
16/6739) mit der Mehrheit der
Koalitionsfraktionen in geänderter Fassung angenommen. Alle
drei Oppositionsfraktionen stimmten gegen das Regelwerk. Der
Gesetzentwurf soll am morgigen Donnerstag vom Bundestag
verabschiedet werden. Die Koalitionsfraktionen hatten im Ausschuss
47 Änderungsanträge vorgelegt, die von der FDP komplett
abgelehnt wurden, während die Linksfraktion den allermeisten
zustimmte und Bündnis 90/Die Grünen sich überwiegend
enthielten. Ein zentraler Gegenstand, die Einführung eines
optionalen Anteilsverfahrens für berufstätige Ehepaare
als Alternative zur Wahl der mit einem hohen Lohnsteuerabzug
verbundenen Steuerklasse V, wurde komplett aus dem
Regierungsentwurf herausgenommen. Die Koalitionsfraktionen teilten
dazu mit, man wolle prüfen, wie ein
Durchschnittssteuersatzverfahren als Alternative zum
Anteilsverfahren zum 1. Januar 2009 in Kraft treten könnte. Es
solle auf jeden Fall eine zusätzliche Wahlmöglichkeit zu
den bestehenden Steuerklassen-Varianten berufstätiger Ehepaare
geschaffen werden. Anträge der FDP (
16/6396), die Steuerklasse V ganz abzuschaffen,
sowie von Bündnis 90/Die Grünen (
16/3023), die Lohnsteuerklassen III, IV und V
zu streichen, fanden im Ausschuss keine Mehrheit. Ebenfalls
abgelehnt wurde ein Antrag der Linksfraktion (
16/6374), die Entfernungspauschale für
Fahrten zum Arbeitsplatz wieder in der bis Ende 2006 gültigen
Form herzustellen.Breiten Raum in der Aussprache nahmen
Änderungen an der Neuformulierung des Paragrafen 42 der
Abgabenordnung ein, der den Missbrauch steuerlicher
Gestaltungsmöglichkeiten zum Gegenstand hat. In der
Anhörung des Ausschusses zum Jahressteuergesetz war unter
anderem kritisiert worden, dass mit dem unbestimmten Rechtsbegriff
einer "ungewöhnlichen Gestaltung" operiert werde. In der jetzt
geänderten Fassung heißt es, dass ein Missbrauch dann
vorliegt, wenn eine "unangemessene" rechtliche Gestaltung
gewählt wird, die beim Steuerpflichtigen zu einem "gesetzlich
nicht vorgesehenen Steuervorteil" führt. Ein Missbrauch soll
nur dann nicht gegeben sein, wenn der Steuerzahler für seine
Gestaltung "außersteuerliche Gründe" nachweisen kann,
die "nach dem Gesamtbild der Verhältnisse beachtlich sind".
Die FDP-Fraktion nannte dies "abenteuerlich", weil es keinen
Anspruch auf eine "verbindliche Auskunft" der Finanzverwaltung
gebe, ob die gewählte steuerliche Gestaltung
missbräuchlich ist oder nicht. Damit werde der
Finanzverwaltung ein scharfes Instrument an die Hand gegeben, die
den Steuerbürger erheblicher Rechtsunsicherheit aussetze. Die
Sozialdemokraten betonten, der Schlüssel für eine
Verkomplizierung des Steuerrechts sei gewesen, dass die
Rechtsprechung missbräuchliche Gestaltungen weitgehend
hingenommen habe. Von Unionsseite hieß es, Einzelne
dürften sich keine Steuervorteile zulasten anderer
verschaffen. Nach Regierungsangaben hätte ein Rechtsanspruch
auf eine verbindliche Auskunft einen erheblichen zusätzlichen
Personalaufwand für die Finanzverwaltung zur Folge. Eine
weitere Änderung betrifft so genannte
Back-to-back-Finanzierungen in Fällen, in denen etwa ein
Gesellschafter bei einer Bank eine Einlage unterhält und die
Bank in gleicher Höhe einen Kredit an die Gesellschaft
vergibt, was zur Folge hat, dass die Einkünfte aus der Einlage
nicht der pauschalen Abgeltungsteuer, sondern dem progressiven
Einkommensteuersatz unterworfen werden. Diese Vorschrift sei
zielgenauer ausgestaltet worden, heißt es in der
Begründung des Änderungsantrages. Das "Hausbankprinzip"
werde damit nicht aufs Spiel gesetzt, hieß es von
Koalitionsseite. Eine weitere Änderung betrifft einen
Beschluss aus der Unternehmenssteuerreform, die am 1. Januar 2008
in Kraft tritt. Damals war die gewerbesteuerliche Hinzurechnung von
Finanzierungsanteilen neu geregelt und der Finanzierungsanteil aus
Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung von unbeweglichen
Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens auf 75 Prozent
festgelegt worden. Der Ausschuss verringerte diesen Anteil auf 65
Prozent. Die Union sprach angesichts der zahlreichen
Änderungen von einer "Kernsanierung" des Gesetzentwurfs. Die
SPD strich die Erleichterungen sowohl für Steuerpflichtige als
auch Finanzämter hervor, die mit dem Gesetz verbunden seien.
So müssten künftig etwa für Kinderbetreuungskosten
keine Papierbelege mehr beim Finanzamt eingereicht, sondern nur
noch für Nachfragen vorgehalten werden. Zudem werde die
bisherige Regelung beibehalten, dass der Arbeitgeber zum Jahresende
einen Lohnsteuerjahresausgleich vornimmt. Dies komme jenen
Steuerzahlern zugute, die keine Steuererklärung abgeben.
Dagegen sprach die FDP von einem Gesetz für die
Finanzverwaltung, nicht für die Steuerzahler. Die
Bündnisgrünen nannten das Gesetz ein "Eldorado für
Berater", Planungssicherheit für die Steuerpflichtigen sei
nicht gegeben. Die Linke begrüßte die Herausnahme des
Anteilsverfahrens aus dem Entwurf, beklagte aber zugleich, dass die
alte Regelung zur Pendlerpauschale nicht wieder aufgenommen worden
sei.
Herausgeber
Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
Verantwortlich: Uta Martensen
Redaktion: Dr. Bernard Bode, Götz Hausding, Michael Klein, Dr.
Susanne Kailitz, Dr. Volker Müller, Monika Pilath, Günter
Pursch, Annette Sach, Bernadette Schweda, Alexander Weinlein,
Siegfried F. Wolf