Berlin: (hib/KOS) Auf differenzierte
Zustimmung, aber auch auf Ablehnung stößt bei
Interessen- und Berufsverbänden sowie Wissenschaftlern der von
der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vorgelegte Entwurf
eines Gendiagnostikgesetzes (
16/3233), wie am Mittwoch bei der Anhörung
des Gesundheitsausschusses in Erklärungen der
Sachverständigen und in schriftlichen Stellungnahmen deutlich
wurde. Der Entwurf zielt u. a. auf das Verbot einer Benachteiligung
von Menschen im Arbeitsleben und im Versicherungswesen aufgrund
einer Genanalyse und schreibt das Prinzip der Freiwilligkeit bei
solchen Tests fest, will aber auch die Forschung auf diesem Feld
und die damit verbundenen medizinischen Fortschritte sichern. Wie
Professor Jochen Taupitz von der Deutschen Forschungsgemeinschaft
bezeichnete es Professor Peter Propping von der
Bundesärztekammer als falsch, sich bei einer gesetzlichen
Regelung auf die Gentechnik und damit auf eine bestimmte
Untersuchungsmethode zu beschränken: Entscheidend und damit
regelungsbedürftig sei vielmehr der Umgang mit den Ergebnissen
von Diagnosetechniken, also mit der Prognose von Krankheiten.
Propping wies darauf hin, dass nach dem Gesetzentwurf eine
genetisch bedingte Krankheit einer Privatversicherung nicht
offenbart werden müsse, eine ähnlich gelagerte Krankheit
hingegen schon. Taupitz forderte, die juristischen Probleme der
Gentechnik erst einmal im Rahmen des jetzigen Medizinrechts zu
klären.Die Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen
begrüßten in einer Stellungnahme den Vorstoß der
Grünen und plädierten dafür, die Gendiagnostik nur
dann zu praktizieren, wenn dies für Patienten einen klinischen
Nutzen habe. Der Verband der privaten Krankenversicherung und der
Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft lehnen ein
umfassendes Verbot der Verwendung genetischer Untersuchungen vor
und nach Abschluss von Versicherungsverträgen hingegen als
Eingriff in die Vertragsfreiheit ab. Zudem sei eine gesetzliche
Regelung nicht notwendig, da sich die Privatversicherer bis 2011
freiwillig auf einen restriktiven Umgang mit Gentests verpflichtet
hätten. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen
unterstützt jedoch den im Gesetzentwurf vorgesehenen Schutz
vor einer genetischen Diskriminierung im Versicherungswesen: Das
freiwillige Moratorium biete keine rechtsverbindliche Grundlage.Auf
Widerstand stößt die Vorlage der Grünen bei der
Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). Bei
der Prüfung der gesundheitlichen Eignung eines Arbeitnehmers
sei nach herrschender Auffassung auch heute schon ohne gesetzliche
Regelung eine genetische Untersuchung unzulässig. Ein
verstärkter Trend zu Genomanalysen sei, so die
BDA-Erklärung, ohnehin nicht auszumachen. Die im Gesetzentwurf
vorgesehene Regelung zum Arbeitsleben sei "überflüssig",
das Arbeitsrecht sei jetzt schon "überreguliert". Der DGB
indes fordert ein grundsätzliches Verbot von Benachteiligungen
aufgrund genetischer Veranlagungen. Gentests dürften nur im
medizinischen Bereich zu therapeutischen Zwecken vorgenommen
werden.Bei der Anhörung wiesen mehrere Sachverständige
auf die Notwendigkeit einer fachkundigen Beratung gerade bei der
pränatalen Diagnostik hin. Nicht selten komme es nach einer
Krankheitsprognose für das noch ungeborene Kind zu
Schwangerschaftsabbrüchen. Besonders auf die Problematik der
prädiktiven Untersuchung wies das Kommissariat der Deutschen
Bischöfe in einer Erklärung hin, wenn also Gentests die
Veranlagung zu bestimmten Krankheiten offenbaren. Das Wissen
über das eventuell Wahrscheinliche sei für die
Betroffenen dann besonders konfliktträchtig, wenn es für
solche Krankheiten keine Therapie gebe. Das Recht auf
informationelle Selbstbestimmung und damit auch auf Nichtwissen
müsse auf jeden Fall gewahrt werden, betont die
Stellungnahme.
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