Berlin: (hib/KOS) Bei der deutschen Botschaft in Rabat hatte man im Dezember 2001 den Eindruck, dass das marokkanische Innenministerium und die US-Botschaft Informationen zu den ungeklärten Umständen einer eventuellen Festnahme des Deutsch-Syrers Mohammed Haydar Zammar in dem Land zurückhielten. Man habe nur die amtliche Mitteilung bekommen, von diesen Vorgängen nichts zu wissen, erklärte am Donnerstag vor dem Untersuchungsausschuss Gregor Forschbach. Eine Bestätigung der Verhaftung des der Unterstützung terroristischer Aktivitäten im Vorfeld der Attentate vom 11. September 2001 verdächtigten Zammar habe man in Marokko nie erhalten, so der seinerzeitige Leiter der Rechts- und Konsularabteilung der deutschen diplomatischen Vertretung. Da trotz aller Bemühungen keine Hinweise auf den Verbleib Zammars zu recherchieren gewesen seien, habe die Botschaft gegenüber der marokkanischen Regierung und der US-Vertretung nicht näher nachhaken können. Der Zeuge betonte, die Botschaft habe in diesem Fall alle konsularischen Möglichkeiten genutzt, die aber Anfang 2002 ausgeschöpft gewesen seien.
Der Ausschuss prüft, ob deutsche Behörden und die Bundesregierung eine Mitverantwortung für die Festnahme Zammars in Marokko trifft, der auf Initiative der US-Geheimdienste Ende Dezember 2001 nach Syrien gebracht wurde, wo er seither in einem im Ruf der Folter stehenden Gefängnis einsitzt und im Februar 2007 zu zwölf Jahren Haft verurteilt wurde. In Deutschland hatten die Verdachtsmomente gegen den Deutsch-Syrer nicht für einen Haftbefehl ausgereicht. Auf eine entsprechende Frage des CSU-Abgeordneten Stephan Mayer bestritt Forschbach die These, dass die deutsche Botschaft in Marokko Teil einer eventuellen gemeinsamen Operation von US- und deutschen Nachrichtendiensten im Fall Zammar gewesen sein könnte. Ihm sei auch nicht bekannt, so der Zeuge auf eine Frage Hans-Christian Ströbeles (Grüne), ob höchste deutsche Stellen über die Festnahme Zammars mehr gewusst hätten als die Botschaft vor Ort. Zu der ansonsten bei der Verhaftung von Deutschen unüblichen Kontaktierung der US-Vertretung in diesem Fall sagte Forschbach, dies habe nahegelegen, da dessen Festnahme aufgrund der ersten Informationen möglicherweise im Zusammenhang mit den Anschlägen von New York hätte stehen können. Nur in nichtöffentlicher Sitzung wollte der Ausschuss den Zeugen zu einem in Medienberichten wörtlich wiedergegebenen e-mail-Verkehr zwischen deutschen Regierungsstellen vernehmen: Nach einem dieser Zitate hat sich für die Konsularabteilung der Botschaft in Rabat die Frage gestellt, ob man sich im Fall der damals noch unbestätigten Verhaftung Zammars nicht aus "übergeordneten Gründen" auf die bisherigen Nachforschungen beschränken solle.
Die am Donnerstag ebenfalls als Zeugin geladene Ehefrau Zammars, die sich samt ihrem Gesicht vollständig in Schwarz verhüllt hatte, lehnte unter Hinweis auf ihr Aussageverweigerungsrecht nähere Angaben ab: Das gegen ihren Mann im Oktober 2001 in Deutschland eingeleitete Ermittlungsverfahren ist noch nicht eingestellt, so dass sie Zammar möglicherweise hätte belasten können. Nach dem kurzen Auftritt der Zeugin warf SPD-Obmann Thomas Oppermann der Opposition vor, mit solchen "emotionalen Inszenierungen" die Sachaufklärung im Ausschuss zu behindern.
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