Berlin: (hib/HAU) Der Gesetzentwurf der
Bundesregierung zur Reform der Bundespolizei (
16/6291) wird von Experten mehrheitlich
kritisch bewertet. Das wurde während einer öffentlichen
Anhörung des Innenausschusses am Montagnachmittag deutlich.
Mit dem Gesetz will die Bundesregierung die Bundespolizei neu
strukturieren und damit deren Effizienz steigern. So sollen unter
anderem die bisherigen Mittelbehörden der Bundespolizei und
die bisherige Bundespolizeidirektion in einer einzigen
Polizeibehörde zusammengefasst werden. Während
Gewerkschaftsvertreter die Nichteinbeziehung der Mitarbeiter in die
Reformpläne bemängelten, kritisierten die
Polizeipräsidenten von Berlin und Münster die
Informationspolitik des Bundesinnenministeriums (BMI).Wer gute
Argumente habe, so Dieter Glietsch, Polizeipräsident von
Berlin, könne sich Transparenz leisten. Das BMI habe jedoch zu
vielen wichtigen Fragen keine Auskunft gegeben. So sei in der
Gesetzesbegründung von "neuen Anforderungen" die Rede, die nur
sehr "grundsätzlich" benannt würden. Nötig ist
seiner Ansicht nach jedoch eine Analyse der bisherigen
Tätigkeit und eine Prognose der zukünftigen Aufgaben,
verbunden mit der Beantwortung der Frage nach den zu erwartenden
Veränderungen. Wie auch sein Amtskollege aus Münster,
Hubert Wimber, sieht Glietsch die vorgesehene Schaffung einer
Direktion Bundesbereitschaftspolizei als "Rückschritt" an.
Erfahrungen in Nordrhein-Westfalen hätten gezeigt, dass es
sinnvoller sei, die Bereitschaftspolizei den Polizeipräsidien
der Länder zuzuordnen. Wimber zweifelte außerdem die von
der Bundesregierung erwarteten Synergieeffekte an. Ob man die
magische Zahl von 1.000 eingesparten Stellen erreiche, sei
keineswegs sicher, so Wimber, der dazu aufrief, eine
grundsätzliche Diskussion über die den aktuellen
Anforderungen entsprechende fachlich sinnvolle Aufgabenverteilung
zwischen den Polizeien des Bundes und der Länder zu
führen. Ein Gesetzentwurf, welcher sich vornehmlich auf
Regelungen zur Organisation der Bundespolizei beschränke,
stelle dafür keine Grundlage dar.Aus Sicht von Josef Scheuring
von der Gewerkschaft der Polizei (GdP) wird dem derzeitigen
"permanenten Entzug von Operativpersonal" mit dem Gesetz nicht
Einhalt geboten. Im Gegenteil: Durch die Reduzierung
nachgeordneter, mit dem tatsächlichen operativen Polizeidienst
befasster Dienststellen sorge man vor allem an den östlichen
Grenzen für ein Absinken der Polizeidichte im Grenzraum, was
angesichts des steigenden Migrationsdrucks problematisch sei.
Scheuring kritisierte außerdem den Umgang mit den
Mitarbeitern. Standortentscheidungen mit teilweise gravierenden
Folgen würden den Betroffenen nicht erklärt. Auch sein
GdP-Kollege Lars Wendland kritisierte diese fehlenden
Erklärungen. Der Entwurf sei insgesamt nicht konsequent
durchdacht und unnötig, da eine Änderung der
Organisationsstruktur schon jetzt möglich sei. Dagegen
befürwortete Matthias Seeger, Leiter des Aufbaustabes
Bundespolizeipräsidium, die Reformpläne und bezeichnete
sie als "sicherheitspolitisch zwingend erforderlich". Die Schaffung
einer zentralen Behörde sei wichtig, da nur so die
unabdingbare Straffung und Vereinfachung der Arbeits- und
Entscheidungsprozesse möglich sei. Auch der Präsident des
Bundeskriminalamtes (BKA), Jörg Ziercke, sprach sich für
den Entwurf aus. Durch die Neuorganisation werde die Bundespolizei
schlanker und effizienter aufgestellt sein. Da damit keine
Erweiterung der Befugnisse verbunden sei, würden auch
Kompetenzen und Befugnisse des BKA und der Länderpolizei nicht
berührt.
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Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
Verantwortlich: Uta Martensen (bis 31.03.2008), Saskia Leuenberger
(ab 01.04.2008 )
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