Berlin: (hib/MPI) Begleitet von deutlicher
Kritik der Opposition hat der Arbeitsausschuss den Weg für
eine längere Bezugszeit des Arbeitslosengeldes I (Alg I)
für Ältere und eine Anschlusslösung für die so
genannte 58er-Regelung frei gemacht. Am Mittwoch stimmten die
Fraktionen von Union und SPD für den von ihnen eingebrachten
Gesetzentwurf (
16/7460) in geänderter Fassung. FDP, Die
Linke und Bündnis 90/Die Grünen votierten geschlossen
dagegen. Vorbehaltlich der Zustimmung des Parlaments am Freitag
wird die Alg-I-Bezugsdauer rückwirkend zum 1. Januar 2008
für Arbeitslose im Alter von 50 bis 54 Jahren auf maximal 15
Monate verlängert. Voraussetzung ist eine Vorversicherungszeit
von 30 Monaten. Ab 55 Jahren sollen Erwerbslose einen Anspruch auf
eine 18-monatige Zahldauer haben, wenn zuvor 36 Monate
Sozialversicherungsbeiträge eingezahlt wurden. Ab 58 Jahren
erhöht sich der Anspruch auf 24 Monate. Die
Vorversicherungszeit beträgt dann 48 Monate. Ferner
können Arbeitslose ab 50 Jahren einen Eingliederungszuschuss
erhalten. Mit dem Gesetzentwurf verbunden ist außerdem ein
Nachfolger für die Ende vergangenen Jahres ausgelaufene
"58er-Regelung" zur Vermeidung von Frühverrentungen mit
Abschlägen. Diese ermöglichte es älteren
Arbeitslosen bislang, bis zum Renteneintritt Arbeitslosengeld II
(Alg II) zu beziehen, ohne dem Arbeitsmarkt tatsächlich zur
Verfügung zu stehen. Vorgesehen ist nun, dass ältere
Langzeitarbeitslose frühestens mit Vollendung des 63.
Lebensjahres eine vorzeitige Altersrente in Anspruch nehmen
müssen. Auch diese Regelung soll rückwirkend zum 1.
Januar 2008 in Kraft treten.Eine der vom Ausschuss beschlossenen
Änderungen des Gesetzentwurfes räumt Arbeitslosen, deren
Anspruch auf Arbeitslosengeld nach der bisher gültigen
Regelung zum 31. Dezember 2007 erschöpft war und die
inzwischen eine Altersrente beziehen, die Möglichkeit ein, von
der Altersrente wieder in den Arbeitslosengeldbezug zu wechseln.
Nach geltendem Recht ist dies nicht möglich. Um
Doppelleistungen zu vermeiden, soll - auch rückwirkend - die
Rente entfallen, wenn Anspruch auf Arbeitslosengeld besteht. Nach
Ende des Arbeitslosengeldbezugs werde die Rente "von Amts wegen
wieder geleistet", heißt es.Die Union verwies darauf, dass
mit dem Gesetzentwurf sichergestellt werde, dass die
rückwirkende Zahlung gewährleistet ist. Die SPD zeigte
sich davon überzeugt, dass sich die Betroffenen "sehr freuen
werden". Dagegen kritisierte die FDP, von einem "wirklich
geordneten Gesetzgebungsverfahren" könne nicht die Rede sein.
Die Zwangsverrentung älterer Arbeitsloser bleibe auch mit der
"63er-Regelung" kritisch. FDP, Die Linke und Bündnis 90/Die
Grünen kritisierten zudem, dass mindestens 58 Jahre alte
Erwerbslose künftig nicht mehr als arbeitslos gelten, falls
ihnen innerhalb von zwölf Monaten nach Beginn des
Leistungsbezugs keine sozialversicherungspflichtige
Beschäftigung angeboten wurde. Auf diese Weise würde die
Arbeitslosigkeit Älterer künstlich reduziert und die
Nürnberger Statistik geschönt, warnten die
Oppositionsfraktionen. Es gebe keinen Grund, Menschen, die
arbeitswillig und -fähig seien, nicht in der
Arbeitslosenstatistik zu führen, unterstrichen die
Grünen. Die Linksfraktion sprach in diesem Zusammenhang von
"Absurdistan". Die Koalition wies die Kritik zurück.Für
den Gesetzentwurf der Linksfraktion (
16/7459) zum Thema "Zwangsrente" stimmten Die
Linke und die Grünen. Die Abgeordneten wollten das
Nachrangigkeitsprinzip - Alg II wird erst dann gewährt, wenn
andere Leistungen, hier die Rente, ausscheiden - ändern.
Danach sollen Altersrenten erst bei Erreichen der Altersgrenze
für eine abschlagsfreie Rente beantragt werden müssen.
Keine Mehrheit erhielt auch der Antrag der FDP (
16/7003), "Arbeit statt Frührente
fördern". Abschlägig beschieden wurden zudem zwei weitere
Anträge von FDP (
16/6644) und Die Linke (
16/6929).
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Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
Verantwortlich: Uta Martensen (bis 31.03.2008), Saskia Leuenberger
(ab 01.04.2008 )
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