Berlin: (hib/VOM) Mit ihrem Gesetzentwurf
zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewertungsrechts (
16/7918) kommt die Bundesregierung einer
Aufforderung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 2006 nach,
die Besteuerung von Betriebsvermögen, Grundvermögen,
Anteilen an Kapitalgesellschaften und land- und
forstwirtschaftlichen Betrieben verfassungsfest zu machen. Das
Gericht hat dafür eine Frist bis Ende 2008 gesetzt. Es hatte
festgestellt, dass die bisherige Wertermittlung der genannten
Vermögensarten nicht mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes
(Artikel 3 Absatz 1) in Einklang steht. Die künftige Bewertung
soll sich nach dem Willen der Regierung am "gemeinen Wert"
orientieren. Dieser müsse nach den Ertragsaussichten
geschätzt werden, wenn er nicht aus "Verkäufen unter
fremden Dritten" abgeleitet werden kann, die weniger als ein Jahr
zurückliegen. Als Mindestwert will die Regierung die Summe der
Gemeinenwerte der Einzelwirtschaftsgüter des Unternehmens
abzüglich der Schulden festlegen. Um Mehrbelastungen
weitgehend zu vermeiden, sollen die persönlichen
Freibeträge für das "unmittelbare und enge familiäre
Umfeld" des Erblassers oder Schenkers deutlich angehoben werden.
Der bisherige Freibetrag von 225.000 Euro und der bisherige
Bewertungsabschlag von 35 Prozent für Betriebsvermögen,
land- und forstwirtschaftliches Vermögen und Anteile an
Kapitalgesellschaften sollen entfallen. Die persönlichen
Freibeträge für will die Regierung auf 500.000 Euro,
für Kinder auf 400.000 Euro, für Enkel auf 200.000 Euro,
für sonstige Personen der Steuerklasse I (engerer
Familienkreis) auf 100.000 Euro sowie für Erwerber der
Steuerklassen II (erweiterter Familienkreis) und III
(Nichtverwandte) auf jeweils 20.000 Euro erhöht werden.
Für den Lebenspartner ist ein persönlicher Freibetrag von
500.000 Euro vorgesehen.Auf der anderen Seite ist aber auch
geplant, in den Steuerklassen II und III einen zweistufigen Tarif
mit Steuersätzen von 30 Prozent (Erbschaften bis 6 Millionen
Euro) und 50 Prozent (Erbschaften über 6 Millionen Euro)
einführen. Bislang wurden in der Steuerklasse II bei
Erbschaften bis 52.000 Euro nur zwölf Prozent und in der
Steuerklasse III nur 17 Prozent fällig. Selbst Erbschaften
zwischen 512.000 Euro und 5,113 Millionen Euro werden bislang in
der Steuerklasse II lediglich 27 Prozent und in der Steuerklasse
III mit 35 Prozent belegt. Pauschal sollen 85 Prozent des
Betriebsvermögens als begünstigt gelten, während die
restlichen 15 Prozent nach Abzug eines Freibetrags von maximal
150.000 Euro immer besteuert werden. Um auf das begünstigte
Betriebsvermögen, auf land- und forstwirtschaftliche Betriebe
und auf Anteile an Kapitalgesellschaften von mehr als 25 Prozent
des Nennkapitals keine Erbschaftsteuer zahlen zu müssen,
verlangt die Regierung, dass eine ganze Reihe von Bedingungen
eingehalten wird. So soll ein Betriebsverkauf, ein Teilverkauf oder
eine Betriebsaufgabe innerhalb von 15 Jahren dazu führen, dass
die Begünstigung entfällt, es sei denn der
Verkaufserlös wird im betrieblichen Interesse verwendet. Die
Erbschaft wird auch dann nicht mehr von der Besteuerung verschont,
wenn es in diesen 15 Jahren zu "Überentnahmen" kommt. Das am
Bewertungsstichtag vorhandene Betriebsvermögen soll mehr als
15 Jahre im Betrieb erhalten werden. Die Lohnsumme darf in den
ersten zehn Jahren seit der Vermögensübertragung in
keinem Jahr geringer sein als 70 Prozent der durchschnittlichen
Lohnstumme der letzten fünf Jahre davor. Das
Verwaltungsvermögen darf schließlich 50 Prozent des
Betriebsvermögens nicht überschreiten. Bei
Verstößen gegen die Bedingungen wollen die
Finanzbehörden die Steuer nach der dann neuen
Bemessungsgrundlage rückwirkend wieder neu festsetzen.
Für Häuser und Wohnungen, die vermietet werden, sieht die
Regierung einen Abschlag in Höhe von zehn Prozent auf den
Verkehrswert vor. Diese Vergünstigung soll nur gewährt
werden, wenn die Grundstücke nicht zum begünstigten
Betriebsvermögen gehören. Voraussetzung ist allerdings,
dass der Erbe nicht testamentarisch verpflichtet ist, das
Grundstück auf jemand anderen zu übertragen.
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Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
Verantwortlich: Uta Martensen (bis 31.03.2008), Saskia Leuenberger
(ab 01.04.2008 )
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