Berlin: (hib/MPI) Der Änderung des
Arbeits- und des Sozialgerichtsgesetzes im Bundestag steht nichts
mehr im Wege. Der Ausschuss für Arbeit und Soziales billigte
am Mittwoch den Gesetzentwurf der Bundesregierung (
16/7716), mit dem vor allem das
sozialgerichtliche Verfahren gestrafft werden soll. Für den in
Details geänderten Entwurf, der am Donnerstag
abschließend im Plenum beraten werden soll, stimmten die
Fraktionen von Union, SPD und FDP. Die Fraktionen von Die Linke und
Bündnis 90/Die Grünen votierten dagegen. Deren Kritik
richtete sich vor allem gegen die geplante Anhebung des
Schwellenwertes zur Berufung für natürliche Personen von
500 auf 750 Euro. Es sei ärgerlich, dass die Koalition dies
gegen das Votum der Mehrzahl der Sachverständigen in einer
öffentlichen Anhörung zu dem Gesetzentwurf durchsetze,
betonte die Linksfraktion. Für viele Betroffene entfalle damit
die Überprüfung einer erstinstanzlichen Entscheidung,
fügten die Grünen hinzu. Kritik an dem Entwurf insgesamt
äußerte auch die FDP-Fraktion. Die Koalitionsfraktionen
werteten den Gesetzentwurf hingegen als ausgewogen und sozial
verträglich. Die vom Bundesrat geforderte Zusammenführung
der Gerichte der Verwaltungs- und Sozialgerichtsbarkeit lehnten
Union und SPD ab.Hintergrund des Gesetzentwurfs ist die Zunahme von
Klagen und die Überlastung der Sozialgerichte im Zuge von
Hartz IV. Mit Inkrafttreten der Reform Anfang 2005 war die
Sozialgerichtsbarkeit für Verfahren zum Arbeitslosengeld II
betraut worden. Ziel des Entwurfs ist es unter anderem, die
inhaltlichen und zeitlichen Anforderungen an die Mitwirkung der
Prozessbeteiligten zu verschärfen. Vorgesehen ist etwa, dass
eine Klage als zurückgenommen gilt, wenn der Kläger das
Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als drei
Monate nicht betreibt. An dieser Stelle präzisierten die
Koalitionsfraktionen den Gesetzentwurf: Im Rahmen einer umfassenden
richterlichen Aufklärung ist demnach neben dem Hinweis auf die
drohende Verfahrenserledigung auch ein solcher auf die sich
gegebenenfalls ergebenden Kosten zu geben.Bei mehr als 20
Verfahren, die die gleiche behördliche Maßnahme
betreffen, soll das Sozialgericht einen Musterprozess ansetzen
dürfen und dann über die einzelnen Verfahren durch
Beschluss entscheiden, wenn es keine wesentlichen Unterschiede zum
Musterprozess gibt. Für Landessozialgerichte soll eine
erstinstanzliche Zuständigkeit für Verfahren
eingeführt werden, die übergeordnete Bedeutung haben und
in denen die Sozialgerichte keine endgültig Streit
schlichtende Instanz darstellen. Die Koalition fügte hier auf
Wunsch des Bundesrates unter anderem ein, dass auch Streitigkeiten,
die Landes- und Bundesverbände von
Sozialversicherungsträgern, den Kassenärztlichen
Vereinigungen und ihren Bundesvereinigungen betreffen, in erster
Instanz den Landessozialgerichten zugewiesen werden.Im Hinblick auf
die arbeitsgerichtlichen Verfahren sieht der Entwurf vor, die
Alleinentscheidungsbefugnis des Vorsitzenden stärken. So
sollen ehrenamtliche Richter etwa bei der Verwerfung einer
unzulässigen Berufung nicht mehr hinzugezogen werden. Zudem
soll über die nachträgliche Zulassung einer
Kündigungsschutzklage nicht mehr in einem separaten Verfahren,
sondern in Verbindung mit dem Kündigungsschutzprozess
entschieden werden. Arbeitnehmer können nach dem Willen der
Koalition ihre Klage wahlweise auch vor dem Arbeitsgericht erheben,
in dessen Bezirk sie für gewöhnlich arbeiten. Dies komme
vor allem Außendienstmitarbeitern zu Gute, die ihre
Arbeitsleistung fern vom Firmensitz und dem Ort der Niederlassung
erbringen.
Herausgeber
Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
Verantwortlich: Uta Martensen (bis 31.03.2008), Saskia Leuenberger
(ab 01.04.2008 )
Redaktion: Dr. Bernard Bode, Götz Hausding, Claudia Heine,
Sandra Ketterer, Michael Klein, Hans-Jürgen Leersch, Johanna
Metz, Dr. Volker Müller, Monika Pilath, Annette Sach,
Bernadette Schweda, Alexander Weinlein, Siegfried F. Wolf