Berlin: (hib/MPI) Der Verabschiedung der
von der Bundesregierung geplanten Pflegereform am kommenden Freitag
steht nichts mehr im Wege. Der Ausschuss für Gesundheit
stimmte dem Gesetzentwurf (
16/7439) am Mittwoch inklusive mehr als 50
Änderungen mit den Stimmen der Fraktionen von Union und SPD
zu. Die Fraktionen von FDP, Die Linke und Bündnis 90/Die
Grünen lehnten die Vorlage ab. Das
Pflege-Weiterentwicklungsgesetz soll zum 1. Juli 2008 in Kraft
treten. Damit verbunden ist eine Anhebung des Beitragssatzes um
0,25 Punkte auf 1,95 Prozent für Versicherte mit Kindern und
auf 2,2 Prozent für kinderlose Versicherte. Das soll zu
jährlichen Mehreinnahmen in Höhe von 2,5 Milliarden Euro
führen. Verbessert werden sollen mit der Reform die Leistungen
für Demenzkranke, psychisch Kranke und geistig behinderte
Menschen. Sie erhalten künftig statt 460 bis zu 2.400 Euro
jährlich, auch wenn sie körperlich noch fit sind.
Erstmals seit Einführung der Versicherung im Jahr 1995 sollen
zudem die Pflegesätze schrittweise erhöht werden. Im
ambulanten Bereich steigen demnach die Leistungen in Pflegestufe
eins bis zum Jahr 2012 schrittweise von monatlich 384 auf 450 Euro,
in Pflegestufe zwei von monatlich 921 auf 1.100 Euro und in der
Pflegestufe drei von 1.432 auf 1.550 Euro. Bei den stationären
Pflegesätzen soll die Stufe drei angehoben werden: von 1.432
auf 1.550 Euro und von 1.688 auf 1.918 Euro in
Härtefällen. Für die Dauer von bis zu sechs Monaten
soll für die Pflege von Angehörigen ein Anspruch auf
unbezahlte, sozialversicherte Freistellung von der Arbeit
eingeführt werden.Bei dem in der Koalition lange umstrittenen
Punkt der Einführung von Pflegestützpunkten sieht der
geänderte Gesetzentwurf nun vor, dass diese auf Initiative
eines Landes eingerichtet werden können. In den
Stützpunkten sollen Bürger Informationen über
Pflegeleistungen, -einrichtungen etc. erhalten. Vorgesehen ist eine
Anschubfinanzierung von bis zu 45.000 Euro pro Stützpunkt. Die
Förderung kann um bis zu 5.000 Euro erhöht werden, wenn
Mitglieder von Selbsthilfegruppen und Ehrenamtliche einbezogen
werden. Das Bundesversicherungsamt entnimmt die Fördermittel
laut dem geänderten Entwurf aus dem Ausgleichsfonds der
Pflegeversicherung "bis zu einer Gesamthöhe von 60 Millionen
Euro". Der Spitzenverband Bund der Pflegekassen soll Empfehlungen
zu Anzahl und Qualifikation der Pflegeberater geben. Verwiesen wird
auf internationale Erfahrungen, wonach etwa 100 zu betreuende
pflegebedürftige Menschen je Pflegeberater angemessen
seien.Nach dem Willen der Koalition soll die
Qualitätsprüfung der Pflegeeinrichtungen verschärft
werden. Der Medizinische Dienst der Krankenkassen wird demzufolge
bis Ende 2010 jede Einrichtung mindestens ein Mal und ab 2011
jährlich in der Regel unangemeldet überprüfen.
Stärker berücksichtigt werden sollen dabei der
Pflegezustand und die Zufriedenheit der pflegebedürftigen
Person. Zudem sollen die Ergebnisse veröffentlicht werden. An
"gut sichtbarer Stelle, etwa im Eingangsbereich der Einrichtung"
sollen ferner eine Zusammenfassung der aktuellen
Prüfergebnisse sowie eine leicht verständliche Bewertung
in Form einer Ampel oder mit Sternen erfolgen. Die Anträge der
Oppositionsfraktionen erhielten keine Mehrheit. Die FDP-Fraktion
plädiert in ihrem Antrag (
16/7491) dafür, die Versicherung auf ein
kapitalgedecktes und prämienfinanziertes System umzustellen.
Dieses müsse mit einem steuerfinanzierten sozialen Ausgleich
verbunden werden. Dagegen tritt die Fraktion Die Linke (
16/7472) für die Einführung einer
solidarischen Bürgerversicherung ein. Die Trennung zwischen
privater und gesetzlicher Pflegeversicherung solle aufgehoben
werden. Außerdem müssten die Arbeitgeber wieder
insgesamt zur Hälfte an den Beiträgen für die
Pflegeversicherung beteiligt werden. Zudem setzen sich die
Abgeordneten für einen Qualitätsvergleich (Benchmarking)
der Pflegeeinrichtungen nach bundeseinheitlichen Kriterien ein. Die
Fraktion Bündnis 90/Die Grünen macht sich in ihrem Antrag
(
16/7136) dafür stark, die gesetzliche und
die private Pflegeversicherung in einer Bürgerversicherung
zusammenzufassen. Ferner verlangen die Grünen eine
Demografiereserve zur Abfederung steigender finanzieller
Belastungen. Zudem sollten alle Versicherten einen Anspruch auf
individuelle Pflege- und Wohnberatung, Aufklärung,
Unterstützung und Begleitung durch ein neutrales und
unabhängiges Fallmanagement erhalten.
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Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
Verantwortlich: Uta Martensen (bis 31.03.2008), Saskia Leuenberger
(ab 01.04.2008 )
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