Offener Brief zur Entschädigung von HCV-Infizierten
Ausschuss für Gesundheit - 23.04.2008
Berlin: (hib/MPI) Der Gesundheitsausschuss
hat seine Vorsitzende Martina Bunge (Die Linke) am Mittwoch
beauftragt, Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) in einem
offenen Brief die Positionen der Fraktionen zur Entschädigung
der durch Blut und Blutprodukte mit dem Hepatitis-C-Virus (HCV)
infizierten Personen mitzuteilen. Im Namen aller
Ausschussmitglieder bittet Bunge darin Schmidt, die Meinungen der
Fraktionen im weiteren Umgang "mit dieser sehr schwierigen
Problematik zu berücksichtigen". In dem Schreiben werden
zunächst die beiden zugrundeliegenden Problemkreise skizziert.
Einer betrifft demzufolge die in den 1980er-Jahren durch
Blutprodukte HCV-infizierte Personen. Hier seien, so heißt es
in dem Brief, lebensnotwendige Medikamente verabreicht worden, die
zum Teil mit dem HI-Virus und mit HCV kontaminiert waren. Für
diejenigen, die sich in der Folge mit HCV infizierten, sei - im
Gegensatz zu den in der Folge mit HIV Infizierten - keine
Hilferegelung geschaffen worden. Aus dem Schreiben geht hervor,
dass die Fraktionen von Union und SPD diese Infektionen, die vor
allem Hämophile (Bluter) betreffen, als "tragische, aber
letztlich zum damaligen Zeitpunkt unvermeidbare Ereignisse"
einstufen. Weiter heißt es, die Koalitionsfraktionen teilten
die Auffassung der Bundesregierung, "dass eine humanitäre
Hilfe nur als Gemeinschaftsinitiative" mit den Unternehmen der
pharmazeutischen Industrie, den Blutspendediensten des Deutschen
Roten Kreuzes und den Ländern in Betracht komme. Die Regierung
wird aufgefordert, den Patientenverbänden die Gründe zu
erörtern, weshalb eine finanzielle Entschädigung nicht in
Betracht komme. Die FDP-Fraktion fordert die Bundesregierung dem
Brief zufolge auf, die vorhandenen sozialpolitischen Instrumente
daraufhin zu überprüfen, ob diese die notwendige
Unterstützung schwer erkrankter HCV-Infizierter "in
ausreichendem Maße gewährleisten". Die Fraktion Die
Linke verlangt in dem Schreiben, unabhängig von juristischen
Erwägungen einer Amtshaftung "eine zivilisatorisch angemessene
humanitäre Entschädigungslösung für die
Betroffenen zu schaffen". Die Fraktion Bündnis 90/Die
Grünen ruft die Regierung den Angaben zufolge zu einer
Entschädigungslösung auf, "die vergleichbar mit dem
HIV-Hilfegesetz eine Beteiligung des Bundes, der Länder, der
pharmazeutischen Unternehmen und der Blutspendedienste
vorsieht".Die Ausschussvorsitzende führt in dem Brief ferner
aus, dass Ende der 1970er-Jahre in der DDR mehrere tausend Frauen
bei einer gesetzlich vorgeschriebenen Anti-D-Immunprophylaxe zum
Schutz neugeborener Kinder mit dem HCV infiziert worden seien. Nach
der Deutschen Einheit hätten die in der DDR bereits
anerkannten Betroffenen Leistungen nach dem Bundesseuchengesetz in
Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz erhalten. "Im
Einvernehmen von Bund und Ländern erhielten auch diejenigen,
deren Infektion erst später anerkannt, bemerkt worden oder
erfolgt ist (Neufälle)" diese Leistungen, schreibt die
Ausschussvorsitzende. Die Regelungen seien durch das am 1. Januar
2000 in Kraft getretene Gesetz über die Hilfe durch
Anti-D-Immunprophylaxe mit dem Hapatitis-C-Virus infizierte
Personen (Anti-D-Hilfegesetz) ersetzt worden. Seither seien
Betroffene an Mitglieder des Ausschusses mit Schilderungen
über ihre als unbefriedigend empfundene Situation
herangetreten. Dabei sei es etwa um die unterschiedliche Einstufung
der Erwerbsfähigkeit durch die verantwortlichen
Landesbehörden gegangen.Im Hinblick auf das Anti-D-Hilfegesetz
befürworten Union und SPD laut Brief, dass die Regierung auf
eine einheitliche Anwendung durch die Länder hinwirkt. Dem
Brief zufolge weist Die Linke darauf hin, dass die
Betroffenenverbände Teile der Umsetzung des
Anti-D-Hilfegesetzes "heftig" kritisieren. Dies betreffe etwa das
Kriterium der Viruslast. Bei einer nicht messbaren
Viruskonzentration im Blut schlössen die Versorgungsämter
das Vorliegen von Folgeerkrankungen aus. Infolgedessen werde den
Frauen eine Erwerbsminderungsrente verwehrt. Die Linke fordert die
Bundesregierung auf, "die festgestellten Mängel" bei der
Umsetzung des Anti-D-Hilfegesetzes zu beseitigen.
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