Berlin: (hib/KOS) Massive Investitionen in
die Infrastruktur und besonders das Schienennetz im Zuge der
anstehenden Bahnreform haben mehrere Sachverständige am
Montagvormittag zum Auftakt einer Anhörung des
Verkehrsausschusses gefordert. So plädierte Günter Elste
als Präsident des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen
(VDV) dafür, den der Bundeskasse zugedachten Teil der
Erlöse aus der von der Bundesregierung geplanten
Privatisierung von 24,9 Prozent der Verkehrs- und Logistiksparte
(VuL) direkt in ein zusätzliches Innovations- und
Investitionsprogramm für den Infrastrukturbereich
fließen zu lassen, der vollständig im Eigentum des
Bundes bleiben soll. Professor Christian Böttger
(Fachhochschule für Technik und Wirtschaft Berlin) rief den
Bundestag auf, einen parlamentarischen Einfluss auf die Entwicklung
der Bahn-Infrastruktur sicherzustellen. Böttger kritisierte,
dass die Deutsche Bahn nach dem jetzigen Konzept weiterhin Anreize
habe, Strecken stillzulegen. Der Anhörung lagen Anträge
von CDU/CSU und SPD (
16/9070), der FDP (
16/8774) sowie der Grünen (
16/8046 und
16/9071) zugrunde.Die meisten
Sachverständigen werteten die geplante Reform trotz Kritik im
Detail und mancher Verbesserungsvorschläge im Grundsatz als
positiv, Professor Kay Mitusch (TU Berlin), sprach von einem
"Schritt nach vorn". Elste forderte einen "diskriminierungsfreien
Zugang" zum Schienennetz für alle Verkehrsanbieter. Mehr
Wettbewerb, so der VDV-Präsident, werde zu steigenden
Fahrgastzahlen führen, was auch im Sinne des Klimaschutzes
sei. Böttger warnte vor zu hohen Erwartungen an die erhofften
Erlöse aus dem Teilverkauf der VuL-Sparten, da werde "sehr
sportlich gerechnet". Wichtiger als die einmaligen Einnahmen sind
aus Sicht Mituschs die von der Privatisierung ausgehenden Impulse
für eine stärkere Ausrichtung der Bahn hin zu mehr
Wirtschaftlichkeit und Kostensenkung. Die Befürchtungen,
private Investoren könnten den Staat "melken", seien vom
Tisch, da der Bund Eigentümer der Bahn-Infrastruktur bleibe.
Mitusch warb dafür, bei der Privatisierung "echte Aktien" und
"keine stimmrechtslosen Volksaktien" zu verkaufen.Lothar
Krauß, Vorsitzender der Gewerkschaft Transnet, nannte das
Reformkonzept eine "solide Grundlage" für die Hauptforderungen
seiner Organisation, wonach die Deutsche Bahn als verzahntes
Unternehmen gestaltet werden müsse, ein konzerninterner
Arbeitsmarkt geschaffen werden müsse und auf diesem Wege die
Beschäftigungssicherung zu gewährleisten sei. Wenn es in
einer Sparte zu Freisetzungen komme, so Krauß, müssten
die Betroffenen in anderen Bereichen des Unternehmens rasch auf
einen neuen Arbeitsplatz wechseln können. Das Problem
Erwerbslosigkeit dürfe "gar nicht erst entstehen". Notwendig
sei deshalb für die Zeit nach der Privatisierung ein
einheitliches Arbeitsrecht im gesamten Konzern. Für
Krauß ist der von Transnet mit der Deutschen Bahn
abgeschlossene Tarifvertrag geeignet, ein solches Modell
abzusichern. Claus Weselsky, Vorsitzender der Gewerkschaft
Deutscher Lokführer, kritisierte diesen
Beschäftigungssicherungsvertrag indes als "weiße Salbe".
So werde der im Zuge der Privatisierung zu befürchtende
Arbeitsplatzabbau nicht verhindert. Der Rationalisierungsdruck
werde stärker, auch werde die Bahn ihr Angebot weiter
reduzieren. Seine Gewerkschaft werde sich gegen diese Entwicklung
wappnen, so Weselsky, es werde "erhebliche Spannungen" geben.
Professor Mitusch sagte, der Infrastrukturbereich der Bahn
dürfe nicht zum "unbeschränkten Auffangbecken" für
Freisetzungen in den VuL-Sparten werden.
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Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
Verantwortlich: Uta Martensen (bis 31.03.2008), Saskia Leuenberger
(ab 01.04.2008 )
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