Berlin: (hib/BOB) Eine Mehrheit der vom Rechtsausschuss eingeladenen Sachverständigen hat die von der parlamentarischen Opposition eingebrachten Initiativen ( 16/8875, 16/5184, 16/3423 und 16/497) zur völligen Gleichstellung Eingetragener Lebenspartnerschaften mit der Ehe befürwortet. Dies wurde bei einer öffentlichen Anhörung am Mittwochnachmittag deutlich. So machte Manfred Bruns, Sprecher des Lesben- und Schwulenverbandes in Deutschland, deutlich, der Gesetzgeber sei aufgrund des im Grundgesetz festgelegten Gleichbehandlungsgrundsatzes verpflichtet, die Benachteilungen von Lebenspartnern zu beseitigen. Das Bundesverfassungsgericht habe im Jahre 2002 festgestellt, dass der Schutz von Ehe und Familie des Grundgesetzes die Gleichstellung von Lebenspartnern mit Ehegatten zulässt. Lebenspartner dürften insofern gegenüber Ehegatten nicht benachteiliget werden. Bruns zufolge ist es nicht begründbar, warum der Gleichbehandlungsgrundsatz im Grundgesetz im Verhalten zwischen Lebenspartnern und Ehegatten nicht gelten soll. Auch Professor Karlheinz Muscheler von der Universität Bochum legte sich eindeutig fest: "Mir scheint die Zeit reif zu sein für eine vollständige Angleichung der Lebenspartnerschaft an die Ehe." Nur damit sei völlige Klarheit und Rechtssicherheit geschaffen, so der Experte. Muscheler wies jedoch darauf hin, es sei nicht sinnvoll, ohne eine gleichzeitige "gründliche Überarbeitung" des Lebenspartnerschaftsgesetzes die Gleichstellung von Ehe und Lebenspartnerschaft vorzunehmen.
Auch zum gemeinsamen Adoptionsrecht nahmen die Experten Stellung: So wies beispielsweise Professor Ingeborg Schwenzer von der Universität Basel, Präsidentin des Zentrums für Familienwissenschaften, darauf hin, auf internationaler Ebene lägen inzwischen viele psychologische Untersuchungen zur Situation und Entwicklung von Kindern in gleichgeschlechtlichen Familien vor. Sie alle bestätigten, dass auf intellektueller, psychischer, sozialer, emotionaler und sexueller Ebene keinerlei Unterschiede zur Entwicklung von Kindern aus heterosexuellen Familien zu verzeichnen seien. Auch Sicht des Kindeswohls gibt es deshalb keine Grund, die für eine Aufrechterhaltung des Verbots der gemeinsamen Adoption durch gleichgeschlechtliche Eingetragenen Partner sprechen. Professor Nina Dethloff, Direktorin des Instituts für Deutsches, Europäisches und Internationales Familienrecht der Universität Bonn, bestätigte, dass im Adoptionsrecht "dringender Reformbedarf" bestehe. Die Zulassung der gemeinsamen Adoption bedeute eine Verbesserung des Schutzes von Kindern, die in gleichgeschlechtlichen Familien leben. Gleichzeitig trägt sie zu einem Abbau von Diskriminierungen gleichgeschlechtlicher Partnerschaft bei. Auch Dirk Siegfried, Rechtanwalt und Notar aus Berlin, und der Wiener Rechtsanwalt Helmut Graupner schlossen sich dieser Argumentation an.Zwei Sachverständige vertraten gegenteilige Meinungen: Professor Matthias Jestaedt von der Universität Erlangen-Nürnberg meinte, es sprächen gute verfassungsrechtliche Gründe dafür, Eingetragene Lebenspartnerschaften und die Ehe nicht demselben Recht zu unterstellen. Wer anders handle, begegne verfassungsrechtlichen Bedenken. Der im Grundgesetz enthaltene Schutz der Ehe stelle es dem Gesetzgeber nicht frei, sonstigen Formen dauerhaften menschlichen Zusammenlebens rechtlich der Ehe und der Familie gleichzustellen. Vielmehr habe der Gesetzgeber Ehe und Familie "in exklusiver Weise" zu schützen. Der Berliner Rechtsanwalt Marc Schüffner plädierte ebenfalls gegen die völlige Gleichstellung Eingetragener Lebenspartnerschaften mit der Ehe. Die dem Bundestag vorgelegten Initiativen unterstellten alle, es sei eine Diskriminierung, Ehepaare zu fördern, ohne gleichzeitige Lebenspartner in diese Förderung einzubeziehen. Diese Sichtweise sei jedoch verfassungsrechtlich nicht gedeckt.Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
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(ab 01.04.2008 )
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